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27.04.2020

RNA-Impfstoffe: der schnellste Weg zum Impfschutz gegen SARS-CoV-2?

Das neuartige Coronavirus einzudämmen gelingt momentan nur mit drastischen Maßnahmen der sozialen Distanzierung, die wiederum erhebliche Folgen für die psychische Gesundheit der Menschen und die Wirtschaft haben. Zudem werden Bürgerrechte derzeit massiv eingeschränkt. Auch aus diesen Gründen setzen viele Entscheidungsträger, aber auch Forschende, Hoffnungen auf eine möglichst rasche Entwicklung von Schutzimpfungen gegen SARS-CoV-2. Diese sollen Menschen vor einer Ansteckung oder durch den Erreger ausgelöste Krankheiten schützen, indem Geimpfte eine Immunität entwickeln.

Aktuell wird an 83 verschiedenen Impfstoffkandidaten geforscht, die Zahl steigt fast täglich [I]. Impfungen für Gesunde zu entwickeln, ist eine weitgehend empirische Wissenschaft, weshalb derzeit vermehrt Konzepte verfolgt werden, die bereits bei anderen Erregern zum Erfolg geführt haben. Einige bauen zudem auf bisherige Erfahrungen der Impfstoffentwicklung gegen MERS- und SARS-Coronaviren auf [II].

Große Hoffnungen werden derzeit in sogenannte RNA-Impfstoffe gesetzt, eine erste klinische Studie erhielt letzte Woche die behördliche Zulassung des Paul-Ehrlich-Instituts, dem Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel (PEI). RNA-Impfstoffe beruhen auf dem Prinzip, bestimmte Erbgutanteile des Virus in Form von in Liposomen verpackte mRNA in menschliche Zellen zu schleusen, die dann zum Beispiel im Muskel aus der Boten-RNA Virusproteine erzeugen. Diese werden vom Immunsystem erkannt und aktivieren die Produktion von Antikörpern und induzieren virusspezifische T-Zellen. Ein Vorteil von RNA-Impfstoffen wäre, dass sie schnell, preiswert und in großen Mengen herzustellen sind. Laut den wenigen bisher publizierten präklinischen und klinischen Studien soll die Gefahr für Nebenwirkungen beherrschbar sein. Genau aus diesen Gründen wurde das erhebliche Potenzial dieser Impfstoffe für Pandemien bereits vor dem Ausbruch von COVID-19 betont [III]. Für den Menschen zugelassen ist bisher kein einziger RNA-Impfstoff, ob die erhoffte Wirksamkeit in den Indikationen Onkologie, Kardiologie, Gentherapie von Erbkrankheiten und mit anderen mRNA-Impfstoffen gegen Infektionskrankheiten in bisher laufenden klinischen Versuchen nachgewiesen werden kann, bleibt vorerst offen.

Zwei deutsche Biotechnologieunternehmen – CureVac aus Tübingen und BioNTech aus Mainz – beteiligen sich an der klinischen Entwicklung von RNA-Impfstoffen gegen SARS-CoV-2. Das Paul-Ehrlich-Institut hat vergangenen Mittwoch verkündigt, dass vier RNA-Impfstoffkandidaten der Firma BioNTech nun für klinische Studien an 200 Probanden zugelassen wurden [IV].

In diesem virtuellen Press Briefing des SMC können Sie den Entwicklern nun Ihre Fragen stellen. Welche Impfstoffkandidaten gibt es genau? Was macht die RNA-Impfstoffe so attraktiv? Worin unterscheiden sich die verschiedenen RNA-Impfstoffkandidaten? Warum gibt es noch keinen zugelassenen RNA-Impfstoff? Welche Risiken und Nebenwirkungen wurden bisher in tierexperimentellen Untersuchungen beobachtet, welche könnten beim Menschen auftreten? Brauchen RNA-Impfstoffe Wirkverstärker? Lassen sich RNA-Impfstoffe wirklich schneller in großen Mengen herstellen, wenn alle Welt nach biochemischen Reagenzien fahndet?

Diese und Ihre Fragen beantworteten Experten bei einem 50-minütigen virtuellen Press Briefing.

Experten auf dem Podium

     

  • Prof. Dr. Uğur Şahin
    Vorstandsvorsitzender BioNTech, Mainz
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  • Dr. Mariola Fotin-Mleczek
    Chief Technology Officer, CureVac, Tübingen
    Dr. Mariola Fotin-Mleczek konnte aufgrund technischer Probleme der Veranstaltung leider nicht beitreten.
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  • Prof. Dr. Klaus Cichutek
    Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts – Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel (PEI), Langen
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Video

Transkript

Das Transkript kann hier als pdf heruntergeladen werden.

Angaben zu potenziellen Interessenkonflikten

Prof. Dr. Uğur Şahin ist Mitbegründer und Vorstandsvorsitzender der Pharmafirma BioNtech mit Sitz in Mainz, die den mRNA-Impfstoff BNT162b2 gegen SARS-CoV-2 entwickelt, und nimmt in dieser Funktion am Press Briefing teil.

Weiterführende Recherchequellen

Science Media Center (2020): Wie berechtigt sind Hoffnungen auf RNA-Impfstoffe gegen SARS-CoV-2? Fact Sheet. Stand: 27.04.2020.

Literaturstellen, die vom SMC verwendet wurden

[I] WHO (23.04.2020): DRAFT landscape of COVID-19candidate vaccines.

[II] Deutsches Zentrum für Infektionsforschung (21.04.2020): MERS-Coronavirus: Impfstoffstudie im Menschen vielversprechend - auch für die Impfstoffentwicklung gegen SARS-CoV-2. Pressemitteilung.

[III] Pardi N et al. (2018): mRNA vaccines — a new era in vaccinology. Nature Reviews Drug Discovery; 17, 261-279. DOI: 10.1038/nrd.2017.243.

[IV] Alatovic J (22.04.2020): BioNTech and Pfizer announce regulatory approval from German authority Paul-Ehrlich-Institut to commence first clinical trial of COVID-19 vaccine candidates. Pressemitteilung BioNTech.