Zum Hauptinhalt springen
18.07.2018

Darmkrebs-Screening: Methoden zur Früherkennung

Bis Ende April 2016 hätte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Rahmenbedingungen für ein neues Darmkrebs-Screening umsetzen sollen, so der Auftrag des Gesetzgebers. Die Frist ist längst verstrichen, aber nicht alles geschafft. Nun wird der G-BA wohl Neufassungen der entsprechenden Richtlinien beschließen, heißt es in der Tagesordnung für die Öffentliche Sitzung am 19.07.2018 [1].

Darmkrebs ist bei Frauen die zweithäufigste Tumorerkrankung (nach Brustkrebs) und bei Männern die dritthäufigste Tumorerkrankung (nach Lungenkrebs und Prostatakrebs) [2]: Schätzungsweise 26 von 1000 Frauen und 32 von 1000 Männern sterben daran [3]. Es könnten weniger sein – wenn mehr Menschen am Früherkennungsprogramm teilnehmen würden. Doch nicht alle Berechtigten wissen, dass sie am Screening teilnehmen können. Oder sie können den Sinn nicht erkennen. Oder sie fühlen sich nicht ausreichend über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Diagnosemethoden beraten. Unter anderem deswegen wurde im April 2013 gesetzlich verankert [4], dass es zukünftig ein „organisiertes Darmkrebsscreening“ für gesetzlich Krankenversicherte gibt. Dazu wird auch ein sogenanntes Einladungsverfahren gehören: Alle Berechtigten sollen von ihrer Krankenkasse schriftlich ein Einladungsschreiben und ein Merkblatt [4] [5] erhalten – um dann eine informierte Entscheidung zu treffen für die eine oder andere Screeningmethode oder gegen jegliche Früherkennungsmaßnahmen. So ähnlich wird es bereits mit dem Mammographie-Screening zur Früherkennung von Brustkrebs gehandhabt.

Dieses Fact Sheet bietet einen Überblick über die verschiedenen Methoden der Darmkrebs-Früherkennung und liefert damit Hintergrund zur Entscheidung im G-BA.

Das Fact Sheet können Sie hier auch als PDF herunterladen.

Übersicht

     

  • Darmkrebs
  •  

  • Darmkrebs-Früherkennung: was, wann, für wen
  •  

  • Screening-Methode I: Darmspiegelung (präventive Koloskopie)
  •  

  • Screening-Methode II: immunologischer Stuhltest (iFOBT, quantitativer Stuhltest)
  •  

  • Screening-Methode III: Guajak-Test (gFOBT, qualitativer Stuhltest)
  •  

  • Screening-Methode IV: „Kleine“ Darmspiegelung (Sigmoidoskopie)
  •  

  • Screening-Methode V: „Virtuelle“ Darmspiegelung (CT- und MRT-Kolonographie)
  •  

  • Kriterien für die Bewertung von Diagnostika bzw. Screening-Methoden
  •  

  • G-BA und die „Einführung eines organisierten Darmkrebsscreenings“
  •  

  • Literaturstellen, die zitiert wurden
  •  

  • Weitere Recherchequellen
  •  

Darmkrebs

     

  • Häufigkeit in Deutschland [2] [6]:
    • Zweithäufigste Krebs-bedingte Todesursache
    • Neuerkrankungen im Jahr 2014 (jüngste verfügbare Zahlen): 27 890 Frauen und 33 120 Männer
    • Sterbefälle im Jahr 2014 (jüngste verfügbare Zahlen): 11 932 Frauen und 13 580 Männer
    • Neuerkrankungen im Jahr 2018 (geschätzt): rund 26 000 Frauen und 33 000 Männer
  •  

  • Ursache [3] [7]: entsteht fast immer aus Darmpolypen, d. h. Wucherungen der Darmwand, die in den Darm hineinragen, die normalerweise klein und harmlos sind (Adenom), aber gefährlich werden, wenn sie über Jahre wachsen und bösartig werden (Karzinom)
  •  

  • Lokalisation [3] [7]: meistens Dickdarm betroffen, sehr selten Dünndarm
  •  

  • Risikofaktoren [3] [8]:
    • Rauchen und Übergewicht
    • Bewegungsmangel und ballaststoffarme Ernährung
    • Verzehr von verarbeitetem Fleisch – Risiko steigt um 18 Prozent je zusätzlicher Portion von 50 Gramm pro Tag
    • Verzehr von rotem Fleisch (z. B. vom Schwein, Rind) – Risiko steigt um 15 Prozent je zusätzlicher Portion von 100 Gramm pro Tag [9] [10]
    • Regelmäßig Alkohol
    • Diabetes
    • Chronisch entzündliche Darmerkrankungen
    • Eltern oder Geschwister an Darmkrebs erkrankt – Risiko verdoppelt bis vervierfacht, je nach Anzahl der erkrankten Angehörigen
    • Erblich bedingter Darmkrebs – betrifft nur vereinzelte Familien, macht weniger als 5% aller Darmkrebs-Fälle aus
  •  

  • Frühwarnzeichen [3] [11]:
    • Insb. nicht sichtbares Blut im Stuhl, weil Polypen und Tumore im Darm bluten können – deswegen als Basis für Früherkennungstests genutzt
    • Blut im Stuhl kann aber auch andere Ursachen haben: Hämorrhoiden, Darmentzündungen, Verzehr von rohem, d. h. blutigem Fleisch
  •  

  • Behandlung [3] [12]:
    • Im Frühstadium: Operation ausreichend [13]
    • In fortgeschrittenen Stadien: Operation und zusätzlich z. B. Chemotherapie, Bestrahlung oder Immuntherapie [14]
    • Leitlinie „Kolorektales Karzinom“ [15]
  •  

Darmkrebs-Früherkennung: was, wann, für wen

     

  • Rechtliche Grundlagen:
    • „Gesetz zur Weiterentwicklung der Krebsfrüherkennung und zur Qualitätssicherung durch klinische Krebsregister (Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz, KFRG)“ vom 03.04.2013 [16]
    • „Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Früherkennung von Krebserkrankungen (Krebsfrüherkennungs-Richtlinie / KFE-RL)“ aus dem Jahr 2009, zuletzt geändert am 20.07.2017, in Kraft getreten am 08.11.2017;
      insb. „D III. Früherkennungsuntersuchungen auf kolorektales Karzinom“ [17]
  •  

  • Gesetzliches Früherkennungsprogramm für alle Krankenversicherte – gesetzlich wie privat –, die bislang keine Anzeichen und kein besonderes Risiko haben [18]
  •  

  • Kosten übernommen von gesetzlichen und privaten Krankenkassen [18] [19]
  •  

  • Freiwillige Teilnahme: keine Pflicht zur Untersuchung; Recht auf Nichtwissen [18] [19]
  •  

  • Im Alter von 50 bis 54 Jahren: einmal pro Jahr Test auf okkultes, d. h. nicht sichtbares Blut im Stuhl (immunologischer fäkaler Okkultbluttest, kurz iFOBT) – für Frauen und Männer gleichermaßen [17] [19]
  •  

  • Ab einem Alter von 55 Jahren: entweder Dickdarmspiegelung (Koloskopie) und eine Wiederholung nach mindestens zehn Jahren oder immunologischer Stuhltest (iFOBT) alle zwei Jahre – für Frauen und Männer gleichermaßen [17] [19]
  •  

  • Wenn keine oder keine zweite Darmspiegelung mindestens zehn Jahre nach der ersten Darmspiegelung durchgeführt worden ist, besteht Anspruch auf immunologischen Stuhltest alle zwei Jahre. [17] [19]
  •  

  • Jede Darmspiegelung, die ab dem Alter von 65 Jahren durchgeführt wird, zählt als zweite Früherkennung-Koloskopie. [17] [19]
  •  

  • Geplante Änderung: Männer bereits ab 50 Jahren zur Darmspiegelung, weil Risiko für Darmkrebs in diesem Alter bei Männern bereits höher ist als bei Frauen [3] [19]
  •  

  • Menschen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa wird empfohlen, häufiger zur Früherkennung zu gehen [3] [8]
  •  

  • Menschen mit Beschwerden oder möglichen Symptomen wird empfohlen, nicht bis zum nächsten Vorsorgetermin zu warten, sondern zeitnah zum Arzt zu gehen zwecks Abklärung – unabhängig davon, ob oder wann zuletzt Früherkennungsuntersuchung durchgeführt wurde [3] [19]
  •  

  • Entscheidungshilfe des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA): für Frauen [4] und für Männer [5] ab 50 Jahren
  •  

  • Potenzielle Effekte:
    • Je nach Alter sterben ohne Früherkennung 1 bis 5 von 1000 Frauen an Darmkrebs. Mit dem regelmäßigen iFOBT-Stuhltest ab einem Alter von 50 Jahren stirbt an Darmkrebs bis zu 1 von 1000 Frauen weniger; mit der Darmspiegelung ab einem Alter von 55 Jahren sind es bis zu 3 von 1000 Frauen weniger. [4]
    • Je nach Alter sterben ohne Früherkennung 2 bis 6 von 1000 Männern an Darmkrebs. Mit dem regelmäßigen iFOBT-Stuhltest ab einem Alter von 50 Jahren stirbt an Darmkrebs bis zu 1 von 1000 Männer weniger; mit der Darmspiegelung ab einem Alter von 55 Jahren sind es bis zu 4 von 1000 Männer weniger. [5]
  •  

  • Leitlinie der Europäischen Union zur Sicherung der Qualität eines Darmkrebs-Screenings und der Diagnose (2010) [20]
  •  

  • Gesundheitsleitlinie zur Früherkennung von Darmkrebs vom Leitlinienprogramm Onkologie [21]
  •  

Screening-Methode I: Darmspiegelung (präventive Koloskopie)

[3] [4] [5] [19]

     

  • Ambulant oder im Krankenhaus durchgeführt
  •  

  • Wenn erste Darmspiegelung unauffällig, dann zweite Darmspiegelung nach mindestens 10 Jahren
  •  

  • Wenn erste Darmspiegelung auffällig, z. B. wenn auffälliger Polyp (Adenom) gefunden oder mehr als drei Adenome entfernt wurden, dann nächste Darmspiegelung bereits nach 3 bis 5 Jahren
  •  

  • Wenn zweite Darmspiegelung nicht gewünscht, dann Stuhltest (iFOBT) möglich
  •  

  • Vorteile:
    • Darmpolypen können gleich entfernt werden, d. h. mögliche Vorstufen von Darmkrebs werden entfernt und Risiko für zukünftigen Darmkrebs somit reduziert
  •  

  • Nachteile:
    • Vor der Untersuchung muss abgeführt werden, was als aufwändig und unangenehm empfunden werden kann.
    • Behandlungsbedürftige Komplikationen in seltenen Fällen möglich, z. B. Herz-Kreislauf-Probleme wegen Narkose, Darmdurchbruch wegen des Untersuchungsgeräts, Blutungen
    • Risiko für Komplikationen steigt mit Alter, sodass ab 75 Jahren Risiken und Nutzen abgewogen werden
  •  

  • Zuverlässigkeit:
    • Erkennt 95 von 100 Tumoren oder Adenomen (Sensitivität 95%), d. h. 5 von 100 Tumoren oder Adenomen werden übersehen [3] [4]
    • „ist derzeit die zuverlässigste Methode, um Darmkrebs und seine Vorstufen zu erkennen“ [7]
  •  

  • Modellrechnung aus den Entscheidungshilfen für Frauen und Männer, erstellt vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) [4] [5]:
  •  

 

 

Von 1000
FRAUEN
im Alter von
55 Jahren

Von 1000
FRAUEN
im Alter von
65 Jahren

Von 1000
MÄNNERN
im Alter von
50 Jahren

Von 1000
MÄNNERN
im Alter von
60 Jahren

OHNE
Früherkennung

Erkranken in den nächsten 10 Jahren an Darmkrebs

8

14

7

18

 

Sterben an Darmkrebs

2

5

2

6

 

Haben eine behandlungsbedürftige Komplikation

0

0

0

0

MIT
Früherkennung
(eine Darmspiegelung)

Erkranken in den nächsten 10 Jahren an Darmkrebs

3 bis 7

4 bis 11

2 bis 6

5 bis 15

 

Sterben an Darmkrebs

1

2 bis 4

1

2 bis 4

 

Haben eine behandlungsbedürftige Komplikation

1

2

2

3

Screening-Methode II: immunologischer Stuhltest (iFOBT, quantitativer Stuhltest)

[3] [4] [5] [19] [23] [24]

 

 

Von 1000
FRAUEN
im Alter von
50 Jahren

Von 1000
FRAUEN
im Alter von
60 Jahren

Von 1000
MÄNNERN im Alter von
50 Jahren

Von 1000
MÄNNERN im Alter von
60 Jahren

OHNE
Früherkennung

Sterben in den nächsten 10 Jahren an Darmkrebs

1

3

2

6

MIT
Früherkennung
(regelmäßiger Stuhltest über Zeitraum von 10 Jahren)

Sterben in den nächsten 10 Jahren an Darmkrebs

0 bis 1

2 bis 3

1 bis 2

5

Screening-Methode III: Guajak-Test (gFOBT, qualitativer Stuhltest)

[3] [4] [5]

Screening-Methode IV: „Kleine“ Darmspiegelung (Sigmoidoskopie)

     

  • geringe Inanspruchnahme – laut „12. Jahresbericht zur Früherkennungs-Koloskopie 2014“ des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung in Deutschland (jüngste verfügbare Zahlen) [22]:
    • 21,3% der Männer und 23,8% der Frauen unter den Anspruchsberechtigten zwischen 55 und 74 Jahren haben Darmspiegelung zur Darmkrebs-Früherkennung tatsächlich in Anspruch genommen.
    • Berechnungsgrundlage: seit Einführung der Früherkennung-Koloskopien im Jahr 2002 bis Ende 2014 bundesweit rund 5,8 Millionen Darmspiegelungen für Darmkrebs-Screening abgerechnet; dies übertragen auf Zahl der Versicherten, die zwischen 55 und 74 Jahre alt sind; und mögliche Mehrfachteilnehmer außer Acht gelassen
    • Gründe: Wissensdefizite (nicht wissen, welche Untersuchungsmöglichkeiten es gibt und dass diese kostenlos sind), keine ärztliche Beratung, eigene Nachlässigkeit, Angst vor Komplikationen
  •  

  • Manche Menschen bekommen Darmspiegelung aus anderen Gründen (kurative Koloskopie), weswegen ihr Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, reduziert wird, selbst wenn sie nicht am Vorsorgeprogramm (präventive Koloskopie) teilnehmen.
    • Nachweis von okkultem (nicht sichtbarem) Blut im Stuhl
    • Synonyme: Immunochemical Fecal Occult Blood Test (iFOBT), Fecal Immunochemical Test (FIT)
    • Testprinzip: Antikörper binden speziell an Blutfarbstoff Hämoglobin, d. h. immunochemischer Test
    • Quantitativer Test, d. h. Wert je nach Menge an Hämoglobin
    • Ist mittlerweile Standard für Stuhltest bei Darmkrebs-Screening [23] [24]
      • „Bewertung eines iFOBT-basierten Darmkrebsscreenings im Vergleich zu einem gFOBT-basierten Darmkrebsscreening“ – Beschluss des G-BA zur entsprechenden Änderung der Krebsfrüherkennungsrichtlinie vom 21.04.2016, in Kraft getreten am 01.01.2017
      • seit 01.04.2017 Kassenleistung
    • Wissenschaftliche Diskussion: Ab welchem Schwellenwert als positives Testergebnis zu werten?
      • Kriterien für iFOBT-Test auf okkultes Blut laut G-BA-Beschluss [23]:
        „Mit der Untersuchung von nur einer Stuhlprobe werden für die Detektion von kolorektalen Karzinomen oder fortgeschrittenen Adenomen eine Sensitivität von mindestens 25% und eine Spezifität von mindestens 90% erreicht.“
      • Hersteller müssen Test entsprechend einstellen.
      • Diagnostikleistung von Tests ist recht ähnlich [26]
    • Probennahme zu Hause und anschließende Diagnostik im Labor
    • Vorteile:
      • Bindet nur an menschliches Hämoglobin, d. h. weniger falsch-positive Ergebnisse, z. B. wenn zuvor rohes Fleisch gegessen wurde
      • Nicht invasiv, d. h. kein Eingriff in den Körper nötig wie bei Darmspiegelung
    • Nachteile:
      • Kann bei sehr heißem Wetter den Anteil falsch-negativer Ergebnisse erhöhen, d. h. mehr Fälle übersehen
      • Falls Stuhltest gewählt, um Darmspiegelung zu vermeiden: Man sollte dennoch bereit sein, Darmspiegelung durchführen zu lassen, falls Stuhltest mit auffälligem Ergebnis – betrifft rund ein Drittel der Personen über Zeitraum von zehn Jahren
      • Unsicherheit nach einem positiven Stuhltest bis zur Abklärung durch die Darmspiegelung
      • Reduziert nicht das Risiko, zukünftig an Darmkrebs zu erkranken, da keine Polypen entfernt werden
      • Je nachdem, welcher Schwellenwert als positives Testergebnis angesetzt wird, variieren die Kennziffern zu falsch-positiven und falsch-negativen Ergebnissen [26]
    • Zuverlässigkeit:
      • Erkennt 70 von 100 Tumoren oder Adenomen (Sensitivität 70%), d. h. 30 von 100 Tumoren oder Adenomen übersehen [4] [5]
      • Von 1000 Frauen, die regelmäßig über Zeitraum von zehn Jahren Stuhltest durchführen lassen [4] [5]:
        haben 660 (jedes Mal) ein unauffälliges Ergebnis – wobei 2 Frauen mit Krebs übersehen werden;
        haben 340 ein auffälliges Ergebnis – bei anschließender Darmspiegelung werden zum einen bei vielen Frauen Vorstufen von Darmkrebs (Adenome) gefunden und entfernt und wird zum anderen bei 3 Frauen der Verdacht bestätigt und Darmkrebs diagnostiziert, d. h. fast immer falscher Alarm
      • Von 1000 Männern, die regelmäßig über Zeitraum von zehn Jahren Stuhltest durchführen lassen [4] [5]:
        haben 660 (jedes Mal) ein unauffälliges Ergebnis – wobei 2 Männer mit Krebs übersehen werden;
        haben 340 ein auffälliges Ergebnis – bei anschließender Darmspiegelung werden zum einen bei vielen Männern Vorstufen von Darmkrebs (Adenome) gefunden und entfernt und wird zum anderen bei 5 Männern der Verdacht bestätigt und Darmkrebs diagnostiziert, , d. h. fast immer falscher Alarm
      • Für fortgeschrittene Adenome und Tumore (fortgeschrittene Neoplasien) [26]:
        bei 5 μg Hb/g Stuhl: Sensitivität 66%, Spezifität 60%, Positiver Prädiktiver Wert 11%;
        bei 10 μg Hb/g Stuhl: Sensitivität 66%, Spezifität 90%, Positiver Prädiktiver Wert 37%;
        Bei 20 μg Hb/g Stuhl: Sensitivität 34%, Spezifität 96%, Positiver Prädiktiver Wert 51%
        (Zur Erläuterung der Fachbegriffe: siehe Abschnitt „Kriterien für die Bewertung von Diagnostika bzw. Screening-Methoden“)
    • Modellrechnung aus den Entscheidungshilfen für Frauen und Männer, erstellt vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) [4] [5]:
    • Nachweis von okkultem (nicht sichtbarem) Blut
    • Synonyme: gFOBT (Guajakharz-basierter fäkaler okkulter Bluttest)
    • Handelsnamen: z. B. Haemoccult®, Haemofec®
    • Diagnostik beim Arzt (point of care diagnostic)
    • Testprinzip: Filterpapier mit Guajak-Harz – Farbwechsel von weiß zu blau als positives Testergebnis
    • Qualitativer Test, d. h. nur „ja, Blut in Probe vorhanden“ oder „nein, Blut nicht in Probe vorhanden“
    • Nachteile:
      • Sehr ungenauer Test
      • Falsch-positive Ergebnisse, z. B. wenn: rohes Fleisch oder Peroxidase-haltiges Gemüse wie Blumenkohl gegessen wurde; Mikroblutungen in Speiseröhre, Magen oder Dünndarm bei Einnahme von Blutverdünnern wie ASS; Zahnfleischbluten oder Hämorrhoiden
      • Falsch-negative Ergebnisse, z. B. wenn viel Vitamin C aus Obst oder Nahrungsergänzungsmitteln eingenommen
    • War Standard für Stuhltest im Rahmen des Darmkrebs-Screenings, bis Entscheidung, dass iFOBT-Stuhltest verwendet werden soll [23]
    • Merkblatt zur Darmkrebsfrüherkennung, das auf Durchführung des Guajak-basierten Stuhltests basiert, damit nicht mehr gültig [23]
    • Zuverlässigkeit: geringere Sensitivität, geringere Spezifität und geringerer Positiver Prädiktiver Wert als für immunologischen Stuhltest (iFOBT)
    • Darmspiegelung, aber nur Enddarm (Rektum) und letztes Stück des Dickdarms (S-förmiger Dickdarm, Sigma, sowie absteigender Dickdarm) [3] [19]
    • Nicht Teil des gesetzlichen Früherkennungsprogramms und somit nicht in dessen Rahmen von Krankenkassen erstattet [3] [19]
  •  

Screening-Methode V: „Virtuelle“ Darmspiegelung (CT- und MRT-Kolonographie)

[19]

Kriterien für die Bewertung von Diagnostika bzw. Screening-Methoden

 

Person krank
(Fall)

Person nicht krank
(kein Fall)

Summe

Test positiv

A

B

A + B

Test negativ

C

D

C + D

Summe

A +

B + D

A + B + C + D

G-BA und die „Einführung eines organisierten Darmkrebsscreenings“

     

    • Mit Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) Schnittbilder des Darms erstellt und am Computer zu dreidimensionaler Ansicht verarbeitet
    • Vorteile:
      • Kein Endoskop in Darm einzuführen
    • Nachteile:
      • Darmreinigung nötig wie bei herkömmlicher Darmspiegelung
      • Entdeckte Adenome können nicht sogleich entfernt werden.
      • Weniger zuverlässig, kleinere Polypen nicht zu erkennen
      • MRT-Koloskopie: noch in der technischen Entwicklung
      • CT-Koloskopie: Strahlenbelastung
    • Von Fachleuten derzeit nicht zur Früherkennung von Darmkrebs empfohlen
    • Nicht Teil des gesetzlichen Früherkennungsprogramms und somit nicht in dessen Rahmen von Krankenkassen erstattet
    • Ziel: (noch) beschwerdefreie Fälle von Gesunden unterscheiden
      • Ist somit Form der sogenannten Sekundärprävention, d. h. Vorsorge, um Fortschreiten oder Chronifizierung einer Erkrankung zu verhindern
      • Darmspiegelung, bei der Darmpolypen entfernt werden, kann auch als Primärprävention angesehen werden, d. h. Vorsorge, um Entstehen einer Krankheit zu verhindern, wie bei anderen Erkrankungen z. B. durch Impfungen
      • Im Gegensatz zur Tertiärprävention, d. h. Vorsorge, um nach Behandlung einer Erkrankung Folgeschäden oder Rückfall zu verhindert, z. B. durch Rehabilitation
    • Sensitivität (Se):
      • = Wahrscheinlichkeit, dass ein Fall als Fall erkannt wird, d. h. Anteil der richtig-positiven Fälle an allen Fällen
      • In nachfolgender Tabelle: Se = A / (A + C)
    • Spezifität (Sp):
      • = Wahrscheinlichkeit, dass ein Nicht-Fall als Nicht-Fall erkannt wird, d. h. Anteil der richtig-negativen Ergebnissen an allen Nicht-Fällen
      • In nachfolgender Tabelle: Sp = D / (B + D)
    • Positiver Prädiktiver Wert (PPW):
      • = Wahrscheinlichkeit, dass ein positives Testergebnis tatsächlich ein Fall ist, d. h. Anteil der richtig-positiven Ergebnisse an allen positiven Ergebnissen
      • In nachfolgender Tabelle: PPW = A / (A + B)
    • Negativer Prädiktiver Wert (NPW):
      • = Wahrscheinlichkeit, dass ein negatives Testergebnis tatsächlich ein Nicht-Fall ist, d. h. Anteil der richtig-negativen Ergebnisse an allen negativen Ergebnissen
      • In nachfolgender Tabelle: NPW = D / (C + D)
    • Sensitivität und Spezifität sind wichtig, um die Güte eines Tests zu beurteilen, d. h. zu entscheiden, ob Test angewendet werden sollte in der Breite
    • Positiver Prädiktiver Wert und Negativer Prädiktiver Wert sind wichtig, um Aussagekraft eines Testergebnisses zu beurteilen, d. h. wichtig im Arzt-Alltag und für Arzt-Patient-Kommunikation
    • 03.04.2013: Bundestag beschließt „Gesetz zur Weiterentwicklung der Krebsfrüherkennung und zur Qualitätssicherung durch klinische Krebsregister“ (Krebsfrüherkennungs- und
      -registergesetz, KFRG) und damit u. a. Einführung eines Einladungsverfahrens zum Darmkrebs-Screening für gesetzlich Versicherte [16]
    • 20.11.2014: G-BA beschließt entsprechendes Beratungsverfahren zur „Einführung eines organisierten Darmkrebsscreenings“ – Fokus auf Anspruchsvoraussetzungen, auf Einladungsverfahren samt Einladungsschreiben und Information der Versicherten sowie auf Qualitätsmonitoring [24] [27]
    • 22.12.2016: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) legt „Entscheidungshilfe Darmkrebsfrüherkennung“ vor – je eine Broschüre für Frauen [4] und für Männer [5] ab 50 Jahren – sowie Abschlussbericht zum dazugehörigen „Projekt [P15-01] Einladungsschreiben und Entscheidungshilfe zum Darmkrebs-Screening“ [28]
    • März 2018: 17 Fachgesellschaften, Berufsverbände und weitere Organisationen präsentieren eigenes gemeinsames Konzept, auf Initiative des Netzwerks gegen Darmkrebs, weil sie u. a. kritisieren, dass die dem G-BA gesetzte „Frist bis Ende April 2016 zur Formulierung und Verabschiedung einer Umsetzungsrichtlinie (...) seit fast zwei Jahren verstrichen (ist), ohne dass erkennbar wäre, dass das organisierte Darmkrebs-Screening in Deutschland in naher Zukunft gestartet werden kann“ [29]
    • 19.07.2018: Öffentliche Sitzung des Gemeinsamen Bundesausschusses, Tagesordnungspunkt „8.2.4 Richtlinie für organisierte Krebsfrüherkennungsprogramme (oKFE-RL) AT und BT Darmkrebs sowie Änderung der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (KFE-RL)“ [1]
  •  

Literaturstellen, die zitiert wurden

[1] Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA): Kommentierte Tagesordnung für die Öffentliche Sitzung des Gemeinsamen Bundesausschusses am 19.07.2018.

[2] Zentrum für Krebsregisterdaten: Darmkrebs. Stand: 06.12.2017.

[3] gesundheitsinformation.de: Darmkrebs. Stand: 21.03.2018.

[4] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Darmkrebs-Früherkennung. Angebot der gesetzlichen Krankenversicherung. Eine Entscheidungshilfe für Frauen ab 50 Jahren. Stand: Oktober 2016.

[5] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Darmkrebs-Früherkennung. Angebot der gesetzlichen Krankenversicherung. Eine Eine Entscheidungshilfe für Männer ab 50 Jahren. Stand: Oktober 2016.

[6] Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister e.V. (GEKID) und des Zentrums für Krebsregisterdaten (ZfKD) (2017): Krebs in Deutschland für 2013/2014. Kapitel Darm.

[7] Krebsinformationsdienst: Dick- und Enddarmkrebs – eine Einführung: Anatomie, Entstehung, Häufigkeit. Stand: 21.02.2018.

[8] Krebsinformationsdienst: Darmkrebs: Risikofaktoren und Vorbeugung. Stand: 21.02.2018.

[9] International Agency for Research on Cancer (IARC) (2015): IARC Monographs evaluate consumption of red meat and processed meat. Pressemitteilung vom 26.10.2015.

[10] Bouvard V et al. (2015): Carcinogenicity of consumption of red and processed meat. Lancet Oncol;16(16):1599-600. DOI: 10.1016/S1470-2045(15)00444-1.

[11] Krebsinformationsdienst: Darmkrebs: Symptome und Warnzeichen. Stand: 21.02.2018.

[12] Krebsinformationsdienst: Behandlungsmöglichkeiten bei Darmkrebs: Ein Überblick. Stand: 21.02.2018.

[13] Leitlinienprogramm Onkologie (2014): Darmkrebs im frühen Stadium. Ein Ratgeber für Patienten und Patienten. Patientenleitlinie.

[14] Leitlinienprogramm Onkologie (2014): Darmkrebs im fortgeschrittenen Stadium. Ein Ratgeber für Patienten und Patienten. Patientenleitlinie.

[15] Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF): Kolorektales Karzinom. Leitlinien-Detailansicht. Stand: 30.11.2017

[16] Deutscher Bundestag: Gesetz zur Weiterentwicklung der Krebsfrüherkennung und zur Qualitätssicherung durch klinische Krebsregister (Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz, KFRG) vom 03.04.2013.

[17] Gemeinsamer Bundesausschuss: Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Früherkennung von Krebserkrankungen (Krebsfrüherkennungs-Richtlinie / KFE-RL), zuletzt geändert am 20.07.2017, in Kraft getreten am 08.11.2017.

[18] Krebsinformationsdienst: Das gesetzliche Früherkennungsprogramm in Deutschland. Stand: 16.09.2015.

[19] Krebsinformationsdienst: Darmkrebs: Früherkennung mit Stuhltest und Darmspiegelung. Stand: 21.02.2018.

[20] European Colorectal Cancer Screening Guidelines Working Group (2013): European guidelines for quality assurance in colorectal cancer screening and diagnosis: Overview and introduction to the full Supplement publication. Endoscopy; 45(1): 51–59. DOI: 10.1055/s-0032-1325997.

[21] Leitlinienprogramm Onkologie (2015): Früherkennung von Darmkrebs. Gesundheitsleitlinie.

[22] Altenhofen L (2016): Projekt Wissenschaftliche Begleitung von Früherkennungs-Koloskopien in Deutschland. Berichtszeitraum 2014. 12. Jahresbericht, Version 2, im Auftrag des GKV-Spitzenverbands und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.

[23] Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA): Krebsfrüherkennungs-Richtlinie: Bewertung eines iFOBT-basierten Darmkrebsscreenings im Vergleich zu einem gFOBT-basierten Darmkrebsscreening. Beschluss vom 21.04.2016, in Kraft getreten am 01.01.2017.

[24] Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA): Darmkrebs-Screening wird auf neuem Testverfahren basieren. Pressemitteilung vom 21.04.2016.

[25] Gies A et al. (2018): Direct Comparison of Diagnostic Performance of 9 Quantitative Fecal Immunochemical Tests for Colorectal Cancer Screening. Gastroenterology; 154(1):93-104. DOI: 10.1053/j.gastro.2017.09.018.

[26] Brenner H et al. (2017): Selecting a Cut-off for Colorectal Cancer Screening With a Fecal Immunochemical Test. Clin Transl Gastroenterol; 8(8):e111. DOI: 10.1038/ctg.2017.37. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5587839

[27] Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA): Einleitung des Beratungsverfahrens: Einführung eines organisierten Darmkrebsscreenings. Beschluss vom 20.11.2014.

[28] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Projekt [P15-01] Einladungsschreiben und Entscheidungshilfe zum Darmkrebs-Screening.

[29] Medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaften, Berufsverbände und weitere Organisationen: Gemeinsames Konzept zur Umsetzung des organisierten Darmkrebsscreenings durch den G-BA.

Weitere Recherchequellen

Krebsinformationsdienst: Mehr wissen zum Thema Darmkrebs Adressen, Links, Broschüren, Fachliteratur.

Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung in Deutschland: Darmkrebs-Früherkennung.

Benson VS et al. (2012): Toward standardizing and reporting colorectal cancer screening indicators on an international level: The International Colorectal Cancer Screening Network. Int J Cancer;130(12):2961-73. DOI: 10.1002/ijc.26310.

Tinmouth J et al. (2015): Faecal immunochemical tests versus guaiac faecal occult blood tests: what clinicians and colorectal cancer screening programme organisers need to know. Gut;64(8):1327-37. DOI: 10.1136/gutjnl-2014-308074.

van der Vlugt M et al. (2017): Interval Colorectal Cancer Incidence Among Subjects Undergoing Multiple Rounds of Fecal Immunochemical Testing. Gastroenterology;153(2):439-447.e2. DOI: 10.1053/j.gastro.2017.05.004.