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15.08.2016

Erkältungsviren kommen wie MERS-Coronavirus von Dromedaren

Viren, die den allgegenwärtigen menschlichen Corona-Viren sehr ähnlich sind, kommen in einigen Dromedaren vor – und bieten damit ein Modell, wie das MERS-Coronavirus in Tieren entstanden sein könnte und warum es Menschen krankmachen kann. Das berichten Forscher um Christian Drosten in der neuen Ausgabe des Fachjournals „PNAS“.

Statement

Prof. Dr. Hans-Dieter Klenk

Institut für Virologie, Philipps-Universität Marburg, Marburg

„Die Gruppe von Professor Drosten hat bei Dromedaren ein neues Coronavirus entdeckt, aus dem vermutlich durch genetische Veränderungen das schon lange bekannte und weit verbreitete Coronavirus 229E des Menschen hervorgegangen sein könnte. Das neu entdeckte Virus ähnelt einem anderen Dromedarvirus, dem MERS-Coronavirus, das gelegentlich zu schwer verlaufenden Infektionen beim Menschen führt, ohne sich jedoch bisher an diesen angepasst zu haben. Die Autoren spekulieren nun, dass sich auch das MERS-Coronavirus in ähnlicher Weise wie das 229E-Virus in ein echtes menschliches Virus verwandeln könnte. Ein solcher Erreger würde sich dann vermutlich leichter als das MERS-Virus in seiner jetzigen Form beim Menschen ausbreiten.“

„Das MERS-Virus und ähnlich gefährliche Erreger werden immer wieder in Länder eingeschleppt, in denen sie normalerweise nicht vorkommen. Die Bedrohung, die dann von ihnen ausgeht, hängt sehr von der medizinischen Infrastruktur der betroffenen Länder ab. Man kann davon ausgehen, dass in entwickelten Ländern ein größerer Ausbruch im Keim erstickt wird. Das Beispiel des MERS-Ausbruchs in Südkorea (im Frühsommer 2015; Anm. d. Red.) hat allerdings gezeigt, dass bei mangelnder Aufmerksamkeit auch hier einiges aus dem Ruder laufen kann. In Entwicklungsländern ohne entsprechende Infrastruktur können die Folgen katastrophal sein, wie wir bei Ebola in Westafrika gesehen haben. In allen Fällen werden Impfstoffe dringend benötigt. Nach meiner Kenntnis geht der in Deutschland entwickelte MERS-Impfstoff Ende dieses Jahres in die klinische Erprobung.“

„MERS und Ebola ähneln sich im Übertragungsweg der Erreger (enger Kontakt mit infizierten Personen) und im Schweregrad der Erkrankung bei den Betroffenen. Das Zikavirus wird durch Moskitos übertragen. Das Infektionsrisiko ist deswegen in den betroffenen Gegenden viel höher als bei Ebola und MERS. Die Krankheitssymptome sind jedoch in der Regel recht mild, zu Komplikationen (fötalen Missbildungen) kommt es nur selten. Mit einer ähnlichen Situation hatten wir es bei Röteln zu tun, als wir gegen dieses Virus noch nicht impften.“

„Wir wissen nicht, welche und wie viele Mutationen aus dem MERS-Virus einen leicht übertragbaren Erreger machen. Die zu erforschen, ist dringliche Aufgabe der Wissenschaft. Dazu sind auch Gain-of-Function-Experimente nötig, die natürlich unter stringenten Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt werden müssen.“

Mögliche Interessenkonflikte

Alle: Keine angegeben.

Primärquelle

Corman V et al. (2016): Link of a ubiquitous human coronavirus to dromedary camels. PNAS, Early Edition. DOI: 10.1073/pnas.1604472113. URL: http://bit.ly/2bwMjrW.

Weitere Recherchequellen

Weltgesundheitsorganisation (WHO): Fact sheet – Middle East respiratory syndrome coronavirus (MERS-CoV). URL: http://bit.ly/1K5Lwpv.

Science Media Center Germany: Zika und Olympia – Thesen und Fakten. URL: http://bit.ly/2aNdRsM.