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26.03.2020

Triage-Regeln für deutsche Kliniken

Sieben deutsche medizinische Fachgesellschaften haben am 26. März 2020 einen Kriterienkatalog veröffentlicht, anhand dessen Ärzte entscheiden können, welche Patienten weiter behandelt werden, wenn Intensivkapazitäten während der COVID-19-Pandemie nicht mehr ausreichen (siehe Primärquelle).

In vielen Ländern müssen sich Kliniken auf eine Überbelastung ihrer Intensivstationen wie in Italien oder im Elsass vorbereiten. Das stellt nicht nur Anforderungen an Materialbeschaffung und Personalplanung, sondern auch an die im Krankenhaus geltenden ethischen Regeln für die intensivmedizinische Behandlung. Reichen die Ressourcen nicht mehr für alle Patienten, muss auf solche sogenannten Triage-Regeln zurückgegriffen werden.

Die Schweizer Gesellschaft für Intensivmedizin hat Triage-Regeln für ärztliche Entscheidungen in der COVID-19-Pandemie bereits am 13. März veröffentlicht [I], die Österreichische Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin am 17. März [II]. Die deutschen Fachgesellschaften haben nun nachgezogen. Sie bitten in ihrem Schreiben darum, dass eine Kommentierung der Empfehlungen ausdrücklich erwünscht sei.

 

Übersicht

     

  • Prof. Dr. Nils Hoppe, Professor für Ethik und Recht in den Lebenswissenschaften und Direktor des Centre for Ethics and Law in the Life Sciences (CELLS), Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover
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  • Prof. Dr. Ulrich Körtner, Vorstand des Instituts für Ethik und Recht in der Medizin, Universität Wien, sowie Professor am Institut für Systematische Theologie und Religionswissenschaft, Evangelisch-Theologische Fakultät, Österreich
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  • Dr. Robert Ranisch, Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW), Geschäftsführer des Klinischen Ethik-Komitees am Universitätsklinikum Tübingen und Leiter der Forschungsstelle „Ethik der Genom-Editierung“, Institut für Ethik und Geschichte der Medizin, Eberhard Karls Universität Tübingen
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Statements

Prof. Dr. Nils Hoppe

Professor für Ethik und Recht in den Lebenswissenschaften und Direktor des Centre for Ethics and Law in the Life Sciences (CELLS), Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover

„Es ist sehr zu begrüßen, dass für den Umgang mit der derzeitigen außergewöhnlichen Herausforderung eine umfangreiche und gut durchdachte Empfehlung vorliegt.“ 

„Eine solche Empfehlung sorgt dafür, dass Entscheidungen nachvollziehbar, transparent und ethisch vertretbar getroffen werden.“

„Allokationsentscheidungen werden im Gesundheitswesen täglich getroffen. Allerdings kommt es nur sehr selten zu einer konkreten und unmittelbaren Entscheidung zwischen zwei oder mehr Patienten, von denen einer bei Nichtbehandlung mit dem Tod rechnen muss.“  

„Die derzeitige Situation ist nicht nur für die Gesundheitsversorgung eine Herausforderung. Sie ist auch eine emotionale und moralische Herausforderung für unsere Gesellschaft. Unser Anspruch, jeder und jedem eine bestmögliche Therapie anbieten zu können, scheitert im Angesicht dieser Pandemie. Daraus entsteht die Notwendigkeit einer Triage – wir müssen entscheiden, wen wir versorgen können und wen nicht.“

„Die jetzt vorliegenden Empfehlungen der Fachgesellschaften orientieren sich an den gut etablierten, aber selten eingesetzten, Maßstäben der Katastrophenmedizin.“  

„Sie sind im Rahmen einer hochrangig besetzten, interdisziplinären Arbeitsgruppe zustande gekommen, der auch führende Vertreter der Medizinethik und des Medizinrechts angehören.“ 

„Die Empfehlungen folgen einer international meist ähnlichen Systematik. Sie kommen erst dann zum Tragen, wenn knappe Ressourcen es uns unmöglich machen, alle Patienten gleichermaßen zu versorgen.“  

„Wo eine gleiche Versorgung aller Patientinnen und Patienten nicht mehr möglich ist, werden Merkmale in den Vordergrund gerückt, die die Erfolgsaussichten der Behandlung betreffen.“ 

„Diese Merkmale sollen ausdrücklich nicht das Alter des Patienten beinhalten. Allerdings gibt es im Zusammenhang mit einer COVID-19-Erkrankung außerordentlich oft eine Korrelation von Alter und anderen zugrundeliegenden Erkrankungen, die Erfolgsaussichten einer Behandlung beeinträchtigen.“ 

„Die Empfehlungen der Fachgesellschaften sind nicht nur ausreichend umfangreich, sie beinhalten darüber hinaus schematische Hilfestellungen zur Entscheidungsfindung und Dokumentation über die Entscheidungen. Das ist im klinischen Alltag von großem Wert und ausdrücklich zu begrüßen.“  

„Meine einzige Sorge ist die von den Autorinnen und Autoren der Empfehlung ebenfalls identifizierte Frage nach dem Zeitpunkt der Triage. Sie sollte frühestmöglich stattfinden. Das allerdings bedeutet unter Umständen eine Entscheidung durch Hausärztinnen und -ärzte. Dies würde den wichtigen Anspruch einer interdisziplinären Konsensentscheidung, wie sie in einem Klinikkontext möglich ist, unterlaufen. Unter Umständen wären besondere Handlungsempfehlungen für den hausärztlichen Kontext wünschenswert.“ 

„Systematische Handlungsanweisungen für emotional stark belastende Entscheidungssituationen, wie sie bei einer Triage auftreten, sind ein Mittel, um medizinisches Personal stark zu entlasten. Sie werden dem medizinischen Personal schnelle Entscheidungen leichter machen und Ressourcen besser einsetzen. Trotzdem handelt es sich um eine enorm belastende Situation, die mit dem Selbstverständnis von ärztlichem und pflegendem Personal kaum in Einklang zu bringen ist.“

Prof. Dr. Ulrich Körtner

Vorstand des Instituts für Ethik und Recht in der Medizin, Universität Wien, sowie Professor am Institut für Systematische Theologie und Religionswissenschaft, Evangelisch-Theologische Fakultät, Universität Wien

„1. Die deutschen Empfehlungen sind nicht nur gut, sondern überfällig. Ohne entsprechende Vorbereitung für den Ernstfall sind auch in Deutschland oder Österreich Zustände wie in Italien oder Spanien nicht auszuschließen. Ganz wichtig: Intensivbetten dürfen nicht ausschließlich für COVID-19-Betten bereitgehalten werden. Auch jetzt gibt es weitere Patienten, die aus anderen Gründen intensivpflichtig sind (schwerere Unfall, Herzinfarkt, Schlaganfall, schwere OP).“ 

„2. Die Empfehlungen der Österreichische Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI) fokussieren sich vor allem auf die Triage von Intensivbetten und zitieren die bekannten vier medizinethischen Prinzipien Gerechtigkeit, Nichtschaden, Wohltun und Autonomie. Das DIVI-Papier ist breiter angelegt. Es gibt nicht nur die Alternative Intensivstation oder Palliativstation, sondern auch die Möglichkeit einer Therapie von schwerkranken Corona-Patienten auf anderen Stationen, mit der Chance, dass Patienten überleben.“ 

„3. Die deutschen Empfehlungen sind umfangreich. Man sollte aber betonen, dass man spitalübergreifende, gegebenenfalls bundesländerübergreifende und sogar länderübergreifende Pläne benötigt. Beispiel: Patienten aus dem Elsass, die nach Baden-Württemberg verlegt werden. Es braucht hierfür Transparenz und klare Kritierienkataloge. Dazu steht in den Empfehlungen nichts.“ 

„4. Die Empfehlungen sind eine große Hilfe für die verantwortlichen Ärzte. Wichtig ist zu betonen, dass auch das deutsche oder das österreichische Gesundheitssystem schon bald in eine Situation geraten kann, in der die Aufnahme auf die Intensivstation keine Einzelfallentscheidung mehr sein darf, sondern strikt nach einem allgemeinen Score anhand des Kriteriums der klinischen Erfolgsaussicht entschieden werden muss. Was die Empfehlungen richtigerweise ebenfalls ansprechen: Zur Triage gehört auch, regelmäßig zu überprüfen, ob eine bereits eingeleitete intensivmedizinische Behandlung fortgesetzt werden soll oder nicht. Auch bei dieser Entscheidung dürfen allein die klinischen Erfolgsaussichten und der Patientenwille ausschlaggebend sein. Im Notfall kann das bedeuten, einen Patienten, der bereits intensivmedizinisch betreut wird, auf eine andere Station zu verlegen. Dieses besonders heikle Thema wird in der Öffentlichkeit bislang möglichst umgangen.“ 

„Das Thema darf nicht nur hinter den Kulissen diskutiert werden, vielleicht aus der Absicht heraus, die Bevölkerung zum jetzigen Zeitpunkt nicht unnötig zu beunruhigen. Die jetzt eingeleiteten Maßnahmen zur Eindämmung oder zumindest Verlangsamung der Corona-Pandemie werden voraussichtlich noch weit länger als bis Ostern in Kraft bleiben müssen. Die Bevölkerung sollte wissen: Die Lage ist tatsächlich so ernst, dass man schon jetzt einen Plan B braucht, nämlich Maßnahmen, wie man sie nur aus der Katstrophen- und Kriegsmedizin kennt. Wenn Präsident Macron in martialischen Worten vom Krieg gegen das COVID-Virus spricht, mag man das für überzogene Rhetorik halten, die deutschen Politikern wie Bundeskanzlerin Merkel nicht liegt. Triage-Maßnahmen sind aber wie im Krieg, ob man das Wort nun für politisch korrekt hält oder nicht.“ 

„Hoffentlich wird nun auch dem Letzten klar, dass es längst nicht mehr nur darum geht, dass die Jungen die Alten oder Risikogruppen mit Vorerkrankungen schützen. Nicht nur kann auch bei jungen Menschen eine Corona-Infektion einen schweren oder sogar tödlichen Verlauf nehmen. Junge Menschen könnten auch zu Opfern der Pandemie werden, wenn für sie nach einem schweren Autounfall kein Intensivbett mehr frei ist. Darum handelt jeder, der jetzt die Anweisungen der Behörden strikt befolgt, nicht nur aus Solidarität und Humanität, sondern auch aus wohlverstandenem Eigeninteresse.“

„Was auch gesagt werden muss: Um das Gesundheitssystem aufrecht zu erhalten, müssen im Katastrophenfall an COVID-19 erkrankte Ärzte und Pflegefachkräfte vordringlich behandelt werden, weil ihre Gesundung und ihr Überleben für die Versorgung der Gesamtbevölkerung entscheidend ist. Ihr Leben zu retten, bedeutet auch andere Leben zu retten. Zu Erinnerung: In Italien waren am 26. März bereits 6.205 Ärzte und Sanitäter mit dem Corona-Virus infiziert. 29 Ärzte sind seit dem Beginn der Pandemie verstorben.“

Dr. Robert Ranisch

Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW), Geschäftsführer des Klinischen Ethik-Komitees am Universitätsklinikum Tübingen und Leiter der Forschungsstelle „Ethik der Genom-Editierung“, Institut für Ethik und Geschichte der Medizin, Eberhard Karls Universität Tübingen

„Die Empfehlung leistet einen wichtigen und überfälligen Beitrag. Mögliche Entscheidungen über Leben und Tod in Katastrophensituationen bringen unser Wert- und Rechtssystem an seine Grenzen. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass hier Empfehlungen für die Entscheidungsunterstützung formuliert, transparent kommuniziert und offen diskutiert werden.“ 

„Das italienische Gesundheitssystem ist in den letzten Wochen zusammengebrochen, andere Länder wie Spanien sind in einer ähnlichen Lage. Die Einschätzung der AutorInnen, dass wahrscheinlich ‚auch in Deutschland in kurzer Zeit […] nicht mehr ausreichend intensivmedizinische Ressourcen für alle Patienten zur Verfügung stehen‘ muss ernstgenommen werden. Auch wenn bislang die intensivmedizinische Versorgung gelingt, müssen Einrichtungen des Gesundheitswesens auf Situation vorbereitet sein, in denen nicht mehr alle PatientInnen intensivmedizinisch behandelt werden können. Wie auch die Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie in ihrer Stellungnahme zur Verbreitung des Coronavirus nachdrücklich darstellt, gibt es gegenwärtig nur ein kleines Zeitfenster, um eine Überlastung von Intensivstationen abzuwenden.“ 

„Ausgelöst durch die COVID-19-Pandemie haben in den letzten Wochen eine Reihe von nationalen Fachgesellschaften zum Beispiel in Italien, Österreich, Belgien oder der Schweiz entsprechende Empfehlungen formuliert. Wesentlich ist dabei die Frage, bei welchen PatientInnen intensivmedizinische Maßnahmen (zum Beispiel mittels Beatmungsmaschinen) begonnen oder beendet werden, wenn aufgrund einer Überlastung des Gesundheitssystems nicht mehr allen geholfen werden kann. Die Sorge ist dabei, dass etwas PatientInnen mit einer hohen Überlebenswahrscheinlichkeit keine notwendige Intensivtherapie erhalten, weil Krankhäuser durch PatientInnen mit geringer Erfolgsaussicht überlastet sind. Solche Triage-Entscheidungen kennt man sonst aus Kriegen oder in Katastrophensituationen. In Italien sind sie in Kliniken gegenwärtig Alltag.“ 

„Die veröffentlichten Empfehlungen ähneln sich dabei in mancher Hinsicht. Sie alle anerkennen die Schwere und Tragweite der Lage und machen deutlich, dass in Krisensituationen von der üblichen patientenorientierten Behandlung abgerückt werden muss. Hier braucht es nun Kriterien zur Priorisierung und diese müssen medizinisch, aber auch ethische gut begründet sein. Selbstverständlich darf eine Intensivtherapie beispielsweise nicht nur Männern oder Privatversicherten vorbehalten sein. Aber welche Kriterien gilt es hier anzulegen?“ 

„Bei dieser Frage unterscheiden sich die Empfehlungen. So formuliert etwa die Schweizer Akademie der Medizinischen Wissenschaften, dass die ‚größtmögliche Anzahl von Leben gerettet‘ werden sollte, wenn die Kapazitäten auf Intensivstationen nicht mehr ausreichen. Die Italienische Gesellschaft für Anästhesie, Analgesie, Reanimations- und Intensivmedizin schlägt dagegen vor, zusätzlich die Lebenswartung der PatientInnen zu berücksichtigten. Was wie eine Kleinigkeit erscheinen mag, kann folgenreich sein: Spricht die Richtlinie aus der Schweiz von der Minimierung von Todesfällen, schlagen die italienische Fachgesellschaft vielmehr eine Maximierung der Lebensjahre vor. In der Folge könnte etwa ein jüngerer Patient eine Intensivtherapie erhalten, obwohl er diese nicht so dringend benötigt wie ein älterer Patient. Die jüngere Person hätte schließlich einige Lebensjahre mehr zu gewinnen. Manche haben die Empfehlung der Italiener daher scharf kritisiert und sehen hier eine Form der Diskriminierung.“ 

„Die Frage, wer im Falle einer Überlastung des Gesundheitssystems eine Behandlung erfährt, ist deshalb so schwerwiegend, weil sie unsere ethischen und rechtlichen Grundsätze fundamental herausfordert. Alle Menschen sind gleich, niemand ist mehr wert. Und doch können in Krisensituationen nicht alle Hilfsbedürftigen die gleichen medizinischen Maßnahmen erhalten. Hier gilt es dann zu priorisieren und dabei Grundsätze der Gerechtigkeit zu wahren. In dieser Hinsicht ist es bedenklich, wenn etwa die italienische Fachgesellschaft eine Altersgrenze für die Aufnahme von PatientInnen auf der Intensivstation in Betracht zieht.“ 

„Die seitens der AEM (Akademie für Ethik in der Medizin e.V.; Anm. d. Red.), DIVI (Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin; Anm. d. Red.) und anderen vorgelegte Empfehlung macht dagegen deutlich: Eine Priorisierung nur ‚aufgrund des formalen Alters oder aufgrund sozialer Kriterien‘ wäre ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. ‚Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen Menschenleben nicht gegen Menschenleben abgewogen werden.‘ Im Fall von knappen Ressourcen müssen verfügbare Mittel aber dennoch ‚verantwortungsbewusst eingesetzt werden‘. Und das kann bedeuten, PatientInnen mit besseren Erfolgsaussichten den Vorzug zu geben. In Notfallsituationen werden dann PatientInnen mit einem schlechteren gesundheitlichen Allgemeinzustand oder Begleiterkrankungen zurückgestellt. Dies würde wohl häufig ältere PatientInnen betreffen, hat aber nichts mit Altersdiskriminierung zu tun. In der Begründungslogik unterscheidet sich der nun vorgelegte Vorschlag fundamental von der italienischen Empfehlung.“ 

„Mir erscheint die Empfehlung ein durchdachter Beitrag der Fachgesellschaften zu sein. Positiv hervorzuheben ist überdies der Versuch, gezielte eine offene Diskussion anzustoßen. So wird seitens der AutorInnen auch die Möglichkeit gegeben, Feedback zu den Empfehlungen zu geben.“ 

„Über den Fokus der Empfehlung hinausgehend, aber dennoch entscheidend, erscheint mir ein weiterer Aspekt: Die emotionale, ethische und physische Belastung für das klinischen Personal in solchen schwerwiegenden Entscheidungssituationen wie momentan diskutiert kann kaum überschätzt werden. Es kommt in Einrichtungen des Gesundheitswesens daher auch darauf an, für mögliche entlastende Maßnahmen wie Nachbesprechungen oder psychologische Betreuung Sorge zu tragen.“ 

„Für den Moment scheint es mir wichtig, dass es überhaupt vernünftige und umsichtige Empfehlungen für Entscheidungen in solchen Krisensituationen gibt. Die Verteilung knapper Mittel dem ärztlichen oder pflegerischen Personal aufzubürden würde nicht nur zusätzliche Lasten schaffen. Eine fehlende Strategie kann auch für PatientInnen zu Ungerechtigkeiten in der Versorgung führen.“ 

„Wichtig ist nun, offen über die Vorschläge zu diskutieren. Dies mag schwerfallen, ist aber notwendig. Auch müssen wir uns dabei vor Moralisierung in Acht nehmen. Die befürchtete Situation ist deshalb so heikel, weil sie uns mit Dilemmata konfrontiert. Und für solche Dilemmasituationen gibt es keine idealen und schon gar keine einfachen Antworten. Vielmehr müssen wir nach den besten Gründen suchen. In dieser Hinsicht ist es auch gut, dass seitens des Deutschen Ethikrats bereits eine weitere Stellungnahme zur Thematik angekündigt wurde.“ 

„In einem weiteren Schritt wird dann allerdings entscheidend sein, geeignete Maßnahmen auch mit der notwendigen Verbindlichkeit zu versehen. Wir dürfen nicht vergessen: Die aktuelle Empfehlung ist nur ein Vorschlag von Fachgesellschaften. Er hat erst einmal keine bindende Wirkung für Einrichtungen des Gesundheitswesens. Und auch wenn wir hoffen, dass diese nicht werden erforderlich sein, liegt es an den verantwortlichen Institutionen, entsprechende Maßnahmen zu prüfen.“

Angaben zu möglichen Interessenkonflikten

Prof. Dr. Nils Hoppe: „Ich habe die folgenden Funktionen, die in unterschiedlichen Konstellationen gegebenenfalls den Anschein von Konflikten entstehen lassen: Professor für Ethik und Recht der Lebenswissenschaften, Uni Hannover; Forschungsdekan, Uni Hannover; Anwalt, Hill Dickinson LLP London; Geschäftsführer, consentris GmbH Hannover. Aber nichts davon führt zurzeit nach meiner Auffassung zu einem Konflikt.“

Dr. Robert Ranisch: „Ich bin Mitglied der Akademie für Ethik in der Medizin e.V. (AEM).“

Alle anderen: Keine Angaben erhalten

Primärquelle

Dutzmann et al. (25.03.2020): Entscheidungen über die Zuteilung von Ressourcen in der Notfall-und der Intensivmedizin im Kontext der COVID-19-Pandemie. Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI).

Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden

[I] Scheidegger et al. (13.03.2020): Covid-19-Pandemie: Triage von intensivmedizinischen Behandlungen bei Ressourcenknappheit. Schweizer Gesellschaft für Intensivmedizin.

[II] Arbeitsgruppe Ethik (17.03.2020): Allokation intensivmedizinischer Ressourcen aus Anlass der Covid-19-Pandemie.Österreichische Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin.