SMC Corona Report
Dieser wöchentliche Report des Science Media Center Germany (SMC) fasst das aktuelle Corona-Geschehen anhand relevanter Kennzahlen zusammen und bietet neue Blickwinkel auf die verfügbaren Daten.
Das SMC verschafft Ihnen damit einen raschen Überblick über den Verlauf der gegenwärtigen Pandemie in Deutschland. Wir liefern nicht nur die nackten Zahlen, sondern ordnen die Statistiken und ihre zeitliche Entwicklung auch ein. So können Sie mit einem Blick die sich dynamisch verändernde aktuelle Situation erfassen.
Die aktuelle Situation ist aufgrund der Weihnachtsfeiertage schwer einzuschätzen. Die Zahl der gemeldeten Fälle ist stark zurückgegangen, gleichzeitig ging auch die Zahl der durchgeführten Tests in der 52. Kalenderwoche um etwa ein Drittel zurück, der Anteil der positiven Tests stieg um mehr als einen Prozentpunkt auf 12,96 Prozent.
Während die Zahl der durch COVID-19-Patientinnen und -Patienten belegten Intensivbetten weiterhin hoch ist, wurden zwischenzeitlich weniger Todesfälle gemeldet, die jetzt aber verstärkt nachgemeldet werden.
Bei den gemeldeten Fallzahlen ist ein großer Rückgang zu verzeichnen. Dass dies nicht die eigentliche epidemiologische Lage beschreibt, ist an verschiedenen Indizien zu sehen. Neben dem oben beschriebenen Rückgang der Zahl der durchgeführten Tests ist auch das wöchentliche Wachstum ein Indikator für den Feiertagseffekt. Während dieses Wachstum kurz vor Weihnachten noch bei über sieben Prozent lag und der Trend nur leicht nach unten zeigte, brach es über die Feiertage komplett ein.
Wie groß der Anteil dieses Feiertagseffekt wirklich ist, zeigt sich erst in ein bis zwei Wochen. Auffällig ist: Die gemeldeten Fälle nach Meldedatum haben das Vorweihnachtsniveau schon fast wieder erreicht. Die untere Grafik zeigt die bisher gemeldeten Fälle für die einzelnen Tage. Die blaue Linie zeigt den geglätteten Verlauf, der zwar stabiler ist, direkt nach den Feiertagen aber zu niedrig liegt, da er durch die Glättung langsamer auf Veränderungen reagiert und so noch länger von den fehlenden Medlungen an den Feiertagen beeinflusst wird.
Vergleicht man die Werte vom 28. und 29. Dezember mit denen der Vorwoche (rote Linien), so nähern sie sich diesen Zahlen bereits wieder deutlich an. Dabei ist zu beachten, dass in den nächsten Tagen noch Nachmeldungen für diese Daten erfolgen werden (insbesondere im grauen Bereich), was die Tageswerte weiter erhöht. Der Wert für das letzte verfügbare Datum liegt noch deutlich zu niedrig, sodass ein Vergleich noch nicht zielführend ist. Auch wenn der Verlauf nach Meldedatum etwas stabiler ist als die Zahl der täglich in die RKI-Statistik aufgenommenen Fälle, so ist auch dieser von einem Feiertagseffekt betroffen: Tests, die über die Feiertage nicht durchgeführt wurden, werden eventuell nachgeholt und führen so zu höheren Werten an Tagen nach den Feiertagen. Da mit dem Jahreswechsel weitere Feiertage anstehen, werden die Zahlen in den kommenden Tagen weiterhin schwer zu interpretieren sein.
Die Grafik zeigt die Inzidenzen einmal für alle Altersgruppen und einmal ab 60 Jahren. Beide Kurven sind über die Feiertage stark gefallen, was die aktuelle Lage nicht widerspiegelt.
Die Grafik zeigt für jeden Tag das prozentuale Wachstum der geglätteten Fallzahlen im Vergleich zur Vorwoche. Dabei werden einmal alle gemeldeten Fälle berücksichtigt und einmal nur Fälle mit einem Alter von mindestens 60 Jahren. Das wöchentliche Wachstum ist über Weihnachten eingebrochen, da deutlich weniger getestet wurde. In der vergangenen Woche wurden ungefähr ein Drittel weniger Tests als in der Woche davor durchgeführt.
Die Dynamik in den einzelnen Bundesländern ist durch die starken Unterschiede im Meldeverzug zwischen den Jahren nicht vergleichbar.
Die Zahl der COVID-19-Fälle auf den Intensivstationen blieb in den vergangenen zwei Tagen stabil. Ob dieser Effekt vorübergehend ist, bleibt abzuwarten. Ein Feiertagseffekt wie bei den gemeldeten Fällen ist nicht ersichtlich.
Einen besseren Eindruck von der aktuell beschleunigten Dynamik bekommt man – wie immer bei exponentiellem Wachstum –, wenn man auf das prozentuale Wachstum schaut. In der folgenden Grafik ist das prozentuale Wachstum der mit COVID-19-Fällen belegten Intensivbetten im Vergleich zur Vorwoche abgetragen. Zusätzlich ist auch das um eine Woche verschobene Wachstum der gemeldeten Fallzahlen der Altersgruppen ab 60 Jahren dargestellt. Da gemeldete Fälle in der Regel erst nach einigen Tagen intensivmedizinisch behandelt werden müssen, sofern sie diese Behandlung benötigen, sind durch diese Verschiebung die Wachstumsraten besser zu vergleichen.
Die Wachstumsrate der mit COVID-19-Fällen belegten Betten ist leicht rückläufig.
Die Grafik zeigt die Inzidenzen in den Altersgruppen nach Kalenderwoche.
Die Inzidenz bei Kindern und Jugendlichen geht stärker zurück als in den anderen Altersklassen. Dies kann damit zusammenhängen, dass die Zahl der durchgeführten Tests stark zurückgegangen ist und damit vermutlich insbesondere leichte Fälle nicht gemeldet werden.
Da die Zahl der neu bestätigten Infektionsfälle (gestrichelte Linie) im Wochenrhythmus schwankt, wird an dieser Stelle auch ein Mittelwert der jeweils vergangenen sieben Tage angegeben (blaue Linie). Da die vergangenen sieben Tage betrachtet werden, läuft dieser Wert den Meldezahlen immer etwas nach.
Für die Bewertung der aktuellen Situation ist die Einschätzung wichtig, ob sich das Infektionsgeschehen gleichmäßig über Deutschland verteilt oder ob es einzelne Hotspots und lokale Ausbrüche gibt. Auch wenn die Meldedaten nur ein unzureichendes Bild über das Infektionsgeschehen bieten, können sie daraufhin analysiert werden.
Ein bekanntes Maß für Ungleichheit ist der sogenannte Gini-Koeffizient, eine Zahl zwischen Null und Eins. Nehmen wir etwa die Vermögensverteilung in einem Land. Der Gini-Koeffizient nimmt den Wert Eins an, wenn einer allein alles hat und Null, wenn alle gleich viel besitzen.
Angewendet auf die tägliche Zahl der Neuinfektionen in den Kreisen würde allerdings schon allein durch die unterschiedliche Größe der Kreise eine Ungleichheit entstehen und vorgetäuscht. Aus diesem Grund wird die Ungleichheit im Infektionsgeschehen hier auf Basis der Inzidenz berechnet.
Ende Februar war die Ungleichheit bei den gemeldeten Fällen noch sehr groß, fiel dann aber mit steigender Fallzahl ab, da sich das Virus über Deutschland verteilte. Auch in den Hochzeiten waren die gemeldeten Inzidenzen nicht gleichmäßig verteilt.
Neben der zeitlichen Betrachtung ist als Querschnitt auch eine Betrachtung der Verteilung in den Landkreisen zu einem bestimmten Zeitpunkt möglich. Die sogenannte Lorenzkurve zeigt, wie viel Prozent der Landkreise (X-Achse) wie viel Prozent der pro Landkreis aufsummierten Inzidenzen ausmachen. Dabei ist wichtig, dass es sich um diese relative Maßzahl handelt und nicht um die absolute, direkte Zahl der Infektionsfälle! München geht in diese Berechnung mit dem gleichen Gewicht ein wie Zweibrücken.
Je näher eine Lorenzkurve an der Diagonalen liegt, desto gleichmäßiger ist die Maßzahl verteilt, eine Kurve, die weit davon entfernt ist, zeugt von einer ungleichen Verteilung.
Betrachtet werden verschiedene Zeitpunkte:
Die Tatsache, dass die Kreise in Deutschland sehr unterschiedliche Einwohnerzahlen haben, macht die Vergleichbarkeit schwer. Relative Maßzahlen können bei kleinen Kreisen dazu führen, dass Zufallsschwankungen großen Einfluss haben, große Kreise haben bei gleicher relativer Anzahl viel mehr Fälle, sodass sie bei absoluten Maßzahlen eher auffallen.
Die folgenden beiden Tabellen enthalten vier verschiedene Maßzahlen. Für den 28.12.2020 werden jeweils die für sieben Tage geglätteten Fallzahlen pro Tag und die Inzidenz angegeben. Darüber hinaus wird jeweils die Differenz der Maßzahl zu dem Wert vom 21.12.2020 angegeben, um eine Veränderung zur Vorwoche zu betrachten.
Die erste Tabelle zeigt die zehn Kreise mit den höchsten Differenzen der Fallzahlen zur Vorwoche, in der zweiten Tabelle werden die Kreise mit den höchsten Differenzen der Inzidenz zur Vorwoche angegeben. Während auf Grund der absoluten Maßzahl in der ersten Tabelle eher große Kreise enthalten sind, werden in der zweiten Tabelle tendenziell kleinere Kreise aufgezählt. Beide Tabellen geben keine Aussage darüber, ob hier steigende Fallzahlen im gesamten Kreis oder nur in einigen Einrichtungen vorliegen.
Landkreis | Differenz Fälle pro Tag | Fallzahlen pro Tag | Differenz Inzidenz | Inzidenz |
---|---|---|---|---|
LK Vogtlandkreis | 200.1 | 258.3 | 619.9 | 800.0 |
LK Meißen | 32.1 | 203.7 | 93.0 | 589.9 |
LK Saalekreis | 28.6 | 99.9 | 108.8 | 380.3 |
SK Potsdam | 26.4 | 40.0 | 102.6 | 155.3 |
SK Erfurt | 23.7 | 64.1 | 77.5 | 209.8 |
LK Schleswig-Flensburg | 16.6 | 23.9 | 57.6 | 83.0 |
SK Cottbus | 16.1 | 31.7 | 113.3 | 222.7 |
SK Landshut | 14.1 | 33.7 | 134.9 | 321.5 |
LK Miesbach | 11.0 | 29.7 | 77.0 | 208.0 |
LK Landshut | 10.6 | 51.0 | 46.3 | 223.3 |
Landkreis | Differenz Fälle pro Tag | Fallzahlen pro Tag | Differenz Inzidenz | Inzidenz |
---|---|---|---|---|
LK Vogtlandkreis | 200.1 | 258.3 | 619.9 | 800.0 |
SK Coburg | 9.1 | 31.4 | 155.8 | 535.6 |
SK Landshut | 14.1 | 33.7 | 134.9 | 321.5 |
SK Eisenach | 7.3 | 22.0 | 120.7 | 364.5 |
SK Cottbus | 16.1 | 31.7 | 113.3 | 222.7 |
LK Saalekreis | 28.6 | 99.9 | 108.8 | 380.3 |
SK Potsdam | 26.4 | 40.0 | 102.6 | 155.3 |
LK Meißen | 32.1 | 203.7 | 93.0 | 589.9 |
SK Erfurt | 23.7 | 64.1 | 77.5 | 209.8 |
LK Miesbach | 11.0 | 29.7 | 77.0 | 208.0 |
Diesem Report liegen die Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) zu Grunde, die im esri COVID-19 GeoHub zur Verfügung gestellt werden. Da ein Teil der Daten erst Tage nach dem offiziellen Meldedatum vom RKI erfasst werden, können sich diese auch nachträglich ändern. Insbesondere die jüngsten Daten unterliegen in der Regel noch starken Veränderungen und werden in diesem Report deswegen grau hinterlegt. Der Datensatz ist nach den Landkreisen und kreisfreien Städten, Berlin zusätzlich in die Bezirke aufgeteilt. Die Zahl der nicht diagnostizierten Fälle ist unbekannt und daher nicht enthalten.
Weitere Datenquellen sind die SurvStat-Datenbank des RKI und das DIVI-Intensivregister. Bevölkerungsdaten stammen aus der Genesis-Datenbank des statistischen Bundesamts beziehungsweise des Landesamts Berlin-Brandenburg.
Der in diesem Bericht verwendete Begriff Inzidenz ist allgemein als die Häufigkeit der in einer Zeitspanne neu auftretenden Fälle einer Erkrankung innerhalb einer Population definiert. Hier sind damit immer die in den vergangenen sieben Tagen gemeldeten Fälle pro 100 000 Personen gemeint.
Seit Beginn des Jahres 2020 und verstärkt in Zeiten der Corona-Pandemie verfolgt und bewertet die Redaktion und das SMC Lab täglich alle zugänglichen Daten und Meldezahlen zu COVID-19. Doch Zahlen, Fakten und Grafiken reichen für sich allein nicht aus, das komplexe Geschehen angemessen zu beschreiben und zu verstehen, was relevant ist.
Für informierte Diskussionen hatte das SMC Lab, seine Programmierer, Software-Experten und unser Statistiker bereits zu Jahresbeginn Tools zur Verfügung gestellt, damit die Redaktion interaktiv Daten zu COVID-19 verfolgen, diese visuell leicht erfassbar darzustellen und um wichtige Maßzahlen in Zeitreihen beobachten zu können - für Deutschland, die Bundesländer, die Kreise und kreisfreien Städte sowie International.
Diese Tools stellen wir nun schrittweise in interaktiven Apps zur Verfügung, damit Nutzerinnen und Nutzer dort Daten anschauen und downloaden können, die für Sie relevant sind.
Die Meldezahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) zur Corona-Epidemie in Deutschland finden Sie unter diesem Link.
Die internationalen Meldezahlen der Weltgesundheitsorganisation WHO finden Sie unter diesem Link.
Wenn Sie Fragen zu diesen Daten haben oder Auswertungen für weitere Länder erhalten wollen, das SMC Lab kann Auswertungen erzeugen.
Volker Stollorz, Redaktionsleiter
Heinz Greuling, Leiter Innovation Digitale Medien
Meik Bittkowski, Leiter Softwareentwicklung und Datenwissenschaft
Lars Koppers, Gastwissenschaftler am SMC Lab
Telefon: +49 221 8888 25-0
E-Mail: redaktion@sciencemediacenter.de