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22.08.2022

Elektrische Hirnstimulation verbessert Gedächtnisleistung

     

  • nicht-invasive elektrische Hirnstimulation verbessert Gedächtnisleistung
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  • Grundlagenforschung an gesunden, älteren Menschen
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  • Einsatzmöglichkeit etwa bei Demenzpatienten begrenzt
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Eine elektrische Hirnstimulation für 20 Minuten an vier aufeinanderfolgenden Tagen verbessert die Gedächtnisleistung älterer Menschen für mindestens einen Monat, so eine Studie im Fachblatt „Nature Neuroscience“, die am 22.08.2022 veröffentlicht wurde (siehe Primärquelle). Diese nicht-invasive Methode könnte angesichts des demografischen Wandels dazu beitragen, tägliche Aktivitäten im Alter zu erleichtern, schreiben die Studienautoren.

Für ihre Grundlagenarbeit leiteten die Forschenden elektrische Ströme über Elektroden in einer Kopfhaube auf die Kopfhaut der Studienteilnehmer, während sie fünf Listen mit 20 Wörtern hörten, an die sie sich erinnern sollten. Die genutzte Methode ist als transkranielle Wechselstromstimulation (tACS) bekannt: Sinusförmige elektrische Wechselströme sollen Hirnschwingungen anregen und dadurch die sogenannte Neuroplastizität begünstigen. Darunter versteht man erfahrungsbedingte Veränderungen des Gehirns, die die Grundlage des Lernens und Gedächtnisses bilden.

Die Autoren zielten mit zwei unterschiedlichen Stimulationsfrequenzen auf zwei Hirnregionen ab: Die Stimulierung des inferioren Parietallappens mit einer Frequenz von vier Hertz verbesserte den Abruf der Wörter am Ende der Liste – ein Hinweis auf die Speicherung im Arbeitsgedächtnis. Die Stimulierung des dorsolateralen präfrontalen Kortex mit 60 Hertz dagegen begünstigte den Abruf der Wörter am Anfang – was eher für eine Verankerung im Langzeitgedächtnis spricht. Die Teilnehmenden mit den niedrigsten kognitiven Leistungen zu Beginn der Studie profitierten am meisten von der Hirnstimulation. Insgesamt wurden 150 Personen im Alter zwischen 65 und 88 Jahren untersucht.

Ausgehend von ihren Ergebnissen betonen die Forschenden, dass neben den potenziellen Vorteilen für gesunde, ältere Erwachsene auch die Auswirkungen auf Menschen mit neuropsychiatrischen und neurodegenerativen Erkrankungen untersucht werden sollten – insbesondere bei jenen mit Gedächtnisdefiziten und Demenzrisiko.

Das SMC hat Fachleute darum gebeten, den langfristigen Nutzen der vorgestellten Hirnstimulation zu bewerten und dabei einen besonderen Fokus auf mögliche Anwendungen bei Demenzpatienten zu legen.

Übersicht

     

  • Prof. Dr. Johannes Levin, Stellvertretender Leiter der klinischen Forschung, Deutsches Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE), München, und Professor für klinische Neurodegeneration an der Neurologischen Klinik und Poliklinik, Ludwig-Maximilians-Universität München
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  • Prof. Dr. Paul Lingor, Oberarzt der Klinik für Neurologie, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM), und Leiter der Spezialambulanz für Motoneuronerkrankungen
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  • Prof. Dr. Walter Paulus, Emeritus-Professor für klinische Neurophysiologie, Universitätsmedizin Göttingen
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  • Prof. Dr. Wolf-Julian Neumann, Projektleiter in der Sektion Bewegungsstörungen und Neuromodulation, Klinik für Neurologie mit Experimenteller Neurologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin
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Statements

Prof. Dr. Johannes Levin

Stellvertretender Leiter der klinischen Forschung, Deutsches Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE), München, und Professor für klinische Neurodegeneration an der Neurologischen Klinik und Poliklinik, Ludwig-Maximilians-Universität München

„Grundsätzlich ist das ein interessanter Ansatz, der in dieser Studie verfolgt wird. Nur muss man hier auch klar fragen, warum jemand, der kognitiv gesund ist, mit elektrischen Hirnstimulationen behandelt werden sollte. Die Studienautoren erzielen zwar bemerkenswerte Ergebnisse im Bereich der Gedächtnisleistung, allerdings ähnelt das in diesem Setting schon eher einer Hirnleistungsoptimierung als einer echten Therapie. Denn die Autoren untersuchen ja zum Beispiel nicht, wie sich die Lebensqualität der Probanden verbessert. Ohnehin können wir hier höchstens eine Symptomlinderung beobachten. Insbesondere bei Demenzpatienten, die hier ja explizit nicht untersucht wurden, aber als interessante Patientengruppe aufgetan werden, brauchen wir kausale Therapien. Wie dürfen hier nicht vergessen, dass die Gehirne von Demenzkranken pathologisch betrachtet anders sind als jene von gesunden Menschen. Ich sehe es daher immer kritisch, wenn durch solche oder vergleichbare Studien die Hoffnung geweckt wird, man habe hier vielleicht eine Behandlungsmöglichkeit für den kognitiven Verfall im Alter oder aber auch bei Demenzkranken gefunden. Solche Ansätze bleiben im Bereich der symptomatischen Therapien. Was wir aber wirklich brauchen sind kausale Ansätze. Auch hier gab es in der letzten Zeit am Beispiel von Aduhelm viele Kontroversen, aber trotzdem ist das der Weg, den wir konsequent weiterverfolgen müssen.“

Prof. Dr. Paul Lingor

Oberarzt der Klinik für Neurologie, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM), und Leiter der Spezialambulanz für Motoneuronerkrankungen

„Meines Erachtens ist das ein wenig praktikabler Einsatz für die Klinik. Man könnte hier sicherlich die Frage stellen, ob kognitives Training herkömmlicher Art nicht gleich effektiv oder besser ist und zusätzlich andere positive Effekte haben kann.“

„Die Anzahl der Probanden in jeder Gruppe dieser Studie ist im Vergleich zu Studien, die zum Beispiel Medikamentenwirkungen untersuchen, sehr gering – was etwas verwundert, denn da hier ja kein invasiver Ansatz vorgestellt wird, hätte man eigentlich auch mehr Probanden untersuchen können. Ein Placeboeffekt spielt sicher eine Rolle, wobei es auch eine Kontrollgruppe gibt.“

„Der Einsatz dieser Hirnstimulation bei Demenzpatienten wäre auf jeden Fall der interessantere Weg. Aber da wäre man ja gleich in der Klinik – und diese ,Realität‘ mit ,realen Patienten‘, die nicht handverlesen und viel heterogener als ein Probandenkollektiv sind, stellt einen vor viel größere Herausforderungen. Doch erst in solch einem Setting bewährt sich natürlich erst die Sinnhaftigkeit eines Verfahrens.“

Prof. Dr. Walter Paulus

Emeritus-Professor für klinische Neurophysiologie, Universitätsmedizin Göttingen

Auf die Frage, wie praktikabel die in der Studie vorgestellte Methode der Hirnstimulation ist:
„Mithilfe von Elektrodenhauben ist das relativ einfach zu bewerkstelligen. Wir arbeiten aktuell mit rotierenden Wechselstromfeldern 8-kanalig bei Parkinsonpatienten.“

Auf die Frage, inwieweit die positiven Ergebnisse auch auf einem Placeboeffekt beruhen können:
„Sehr gute Frage. In der jetzigen Studie haben die Autoren nach modernstem Stand alles Erdenkbare unternommen, um sowohl Probanden als auch Experimentatoren zu verblinden. Insofern halte ich die Ergebnisse für glaubhaft. Die Ergebnisse gelten aber nur für ganz spezifische Gedächtnisleistungen, viele andere Gedächtnisaspekte wurden nicht (und lassen sich auch nicht in der zur Verfügung stehenden Zeit) parallel erfassen. Auch sind die Ergebnisse nur statistisch zu sichern. Wenn man sich die Daten anschaut, gibt es (wie bei all diesen Studien) einen großen Überlappungsbereich der Resultate nach echter versus Scheinstimulation. Auch haben die Autoren aus dem großen Spektrum möglicher physikalischer Parameter nur zwei Frequenzen auswählen können (4 Hz, 60 Hz). Denkbar ist, dass andere Frequenzen oder Intensitäten eine noch größere Effizienz haben könnten. In Pubmed findet man aktuell unter ,transcranial brain stimulation dementia‘ 437 Arbeiten, unter ,transcranial brain stimulation mild cognitive impairment‘ 414 Arbeiten. Insofern reiht sich diese Studie in eine Vielzahl anderer ein. Gleichwohl vergleicht sie Kurz- mit Langzeitgedächtnisaspekten und reklamiert die Vorhersage eines einmonatigen Effekts schon nach vier Tagen.“

Auf die Frage, welche Aussagekraft der einmonatige Beobachtungszeitraum letzten Endes hat:
„Naja, Medikamente würde man ohne zu zögern jeden Tag nehmen, insofern sind Nacheffekte nach einem Monat beachtlich. Die Stimulationen lassen sich oder müssen dann regelmäßig wiederholt werden, was im Vergleich zu Medikamenten aufgrund des Personalaufwands ungleich teurer ist.“

Prof. Dr. Wolf-Julian Neumann

Projektleiter in der Sektion Bewegungsstörungen und Neuromodulation, Klinik für Neurologie mit Experimenteller Neurologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin

„Es handelt sich bei der Arbeit nicht um eine klinische Studie, sondern um eine neurowissenschaftliche Grundlagenarbeit zum Thema Gedächtniskodierung. Das Ziel der Studie war es, die Modulierbarkeit des auditiven Sprachgedächtnisses bei gesunden Proband*innen zu untersuchen. Insbesondere wurde untersucht, inwieweit Stimulationsrhythmen eine unterschiedliche Wirkung in verschiedenen Hirnregionen haben könnten. Der experimentelle Ansatz ist nicht komplex. Die Proband*innen setzten eine Kappe auf, die von Assistent*innen mit einem speziellen Gel präpariert wurde, um einen sicheren Kontakt zwischen Kopfhaut und Elektroden zu gewährleisten. Das Stimulationsprogramm wurde dann während der Gedächtnisaufgabe abgespielt. Stimulation und Gedächtnisaufgabe wurden gleichzeitig durchgeführt und benötigten nur etwa 20 Minuten pro Tag. In Zukunft könnten solche Technologien auch allein zu Hause eingesetzt werden.“

„Allerdings lässt sich aus dieser Studie derzeit kein direkter therapeutischer Ansatz ableiten, da die gezeigte Wirkung sehr spezifisch und klein ist. Konkret zeigen die Ergebnisse, dass Proband*innen, die mit einem schnellen ,Gamma’-Rhythmus über dem Frontalhirn stimuliert werden, sich minimal besser an die ersten Wörter (Wörter eins bis vier) einer Wortliste mit insgesamt 20 Wörtern erinnern können. Es ist wichtig, hier festzuhalten, dass die verbleibenden 16 nachfolgenden Wörter nicht besser erinnert wurden. Konkret bedeutet die beschriebene Effektgröße für diese Intervention eine maximale Veränderung der Erinnerungswahrscheinlichkeit nach vier Tagen Stimulation von 0,4 auf 0,6 (Vergleich mit Sham-Stimulation) bei 20 Prozent (4/20) der abgerufenen Wörter. Mit der niederfrequenten ,Theta’-Stimulation über den Parietallappen wurden vor allem die letzten vier Wörter besser erinnert, und auch hier war die Effektgröße ähnlich, mit einer Verbesserung von rund 0,5 auf etwa 0,7 Erinnerungswahrscheinlichkeit. Konkret bedeutet dies auch, dass die Mehrheit der Wörter (60 Prozent) mit keiner der beiden Stimulationseinstellungen besser erinnert wurde.“

„Unabhängig davon geht der Ansatz auch davon aus, dass die Stimulation während der Gedächtniskodierung selbst notwendig ist. Es gab keine Kontrollbedingung, bei der die Stimulation unabhängig von der Gedächtnisaufgabe angewandt wurde. Außerdem gab es keine andere Gedächtnisaufgabe als die Wiederholung von vorgelesenen Wörtern. Die Autor*innen interpretieren die unterschiedlichen Effekte im Zusammenhang mit dem Vergleich von Arbeitsgedächtnis und Langzeitgedächtnis. Sie spekulieren, dass die leichte Verbesserung insbesondere der ersten Wörter einer Liste als Zeichen für eine Verbesserung des Langzeitgedächtnisses interpretiert werden kann, da diese Wörter zum Zeitpunkt der Abfrage (nach dem Vorlesen) schon länger im Gedächtnis sind. Die Verbesserung bei den letzten Wörtern einer Liste wird im Zusammenhang mit einer Verbesserung des Arbeitsgedächtnisses diskutiert und eher als eine Verbesserung der zeitlichen Trennung der Gedächtnisrepräsentationen nach der Stimulation interpretiert. Die Studie erregt die Aufmerksamkeit der Hirnforscher, weil sie prinzipielle Mechanismen zur Beeinflussung bestimmter Hirnfunktionen durch unterschiedliche Stimulationsrhythmen aufzeigt. Sie kann als Grundlage für weitere Forschungsarbeiten zur Modulation des Gedächtnisses verstanden werden. Ein therapeutisches Vorgehen lässt sich daraus allerdings noch nicht ableiten, sodass die Frage der Praktikabilität nicht so wichtig sein dürfte.“

Auf die Frage, inwieweit die positiven Ergebnisse auch auf einem Placeboeffekt beruhen können:
„Ich denke, es ist am besten, wenn wir uns hier an die konkreten Ergebnisse halten. Wie zuvor beschrieben, handelt es sich um zwei differenzierbare Effekte bei unterschiedlichen Stimulationsparametern. Relevante Placeboeffekte sind in diesem Zusammenhang unwahrscheinlich und es handelt sich um ein rigoroses Studiendesign. Allerdings wären die Ergebnisse noch überzeugender, wenn auch ein Vergleich mit Schein-/Placebostimulation innerhalb von Gruppierungen untersucht worden wäre. Aufgrund des Längsschnittdesigns mit vier Tagen Stimulation und einer Wiederholung nach einem Monat wäre ein solches Design jedoch wesentlich kostspieliger und insgesamt anfälliger für andere Störfaktoren gewesen.“

„In der Studie selbst wird wenig über eine allgemeine Verbesserung der Gedächtnisleistung spekuliert. Berichten zufolge ist es möglich, frühe und späte Aspekte des auditiven Sprachgedächtnisses durch räumliche und rhythmische Spezifikation der Hirnstimulation unterschiedlich zu modulieren. Eine hochfrequente Stimulation über den Frontallappen führt dazu, dass nach vier Tagen Training und Stimulation die ersten vier Wörter einer 20-Wörter-Liste im Durchschnitt zu 60 Prozent richtig erinnert werden, statt zu 40 Prozent (Placebo). Bei niederfrequenter Stimulation über den Parietallappen werden die letzten vier Wörter einer Wortliste von 20 Wörtern nach vier Tagen Training und Stimulation im Mittel zu etwa 70 Prozent richtig erinnert, statt zu etwa 50 Prozent (Placebo).“

„In der Studie hatte jedoch keines der Stimulationsverfahren eine signifikante Auswirkung auf die Gesamtwahrscheinlichkeit, sich an irgendein Wort in der Liste zu erinnern, es sei denn, es wurde zwischen frühen und späten Wörtern unterschieden. Wie heutzutage zunehmend üblich, sind die Daten, auf deren Grundlage die Statistiken berechnet wurden, öffentlich zugänglich. Für Experiment 1 zeigen diese Daten eine Erinnerungswahrscheinlichkeit zwischen 34 und 35 Prozent über alle Wörter und die vier Versuchstage hinweg, die sich zwischen den Stimulationsbedingungen nicht relevant unterscheidet.“

Auf die Frage, inwieweit die Hirnstimulation auch zum Beispiel bei Demenzpatienten angewendet werden könnte:
„Da es sich nicht um ein klinisches Verfahren, sondern um eine explorative Studie zur Untersuchung der Interaktion von Stimulationsrhythmen mit Zielregionen im menschlichen Gehirn auf bestimmte Aspekte des auditiven Sprachgedächtnisses handelt, ist es sinnvoll, dass diese Studie mit gesunden Proband*innen durchgeführt wurde. Interessant ist jedoch in dieser Hinsicht, dass Effekte bei Proband*innen mit geringerer kognitiver Leistungsfähigkeit (gemessen an einem klinischen Assessment), einen stärkeren Effekt aufwiesen. Für eine klinische Untersuchung bei an einer Demenz erkrankten Menschen lässt sich aus der Studie derzeit kein Nutzen ableiten. Sie weist aber in die richtige Richtung. Für die Entwicklung neuer klinischer Verfahren müssen wir die Grundlagen verstehen, bevor relevante klinische Effekte zu erwarten sind. Für mich persönlich zeigt die Studie vor allem, dass wir bestimmte Hirnrhythmen erforschen müssen und durch ein besseres Verständnis in Zukunft vor allem die Aktivität beeinflussen können, die von Proband*innen und Patient*innen gerade zum Zeitpunkt der Stimulation ausgeführt wird. Das ist ein deutlicher Unterschied zu Medikamenten, bei denen das Verhalten oder die Aktivität zum Zeitpunkt der Einnahme meist nicht berücksichtigt wird. Ich bin überzeugt, dass die vorliegende Studie die beschriebenen Effekte nicht hätte zeigen können, wenn die Gedächtnisaufgabe nach oder vor der Hirnstimulation durchgeführt worden wäre. Es ist notwendig, die Stimulation mit dem Verhalten zu verknüpfen, damit wir in Zukunft mit Hirnstimulationsmethoden bessere Effekte erzielen und die Therapien an das anpassen können, was für die Patient*innen im Alltag wichtig ist.“

„Es ist spannend zu sehen, dass hier potenziell ein Effekt erhalten bleibt. Weder der initiale- noch der Langzeiteffekt haben aktuell klinische Relevanz, was die Autor*innen im Übrigen im Artikel auch nicht behaupten. Die Entwicklung von Hirn-Computer-Schnittstellen, sogenannten Brain-Computer-Interfaces, ermöglicht theoretisch eine völlig neue räumliche und zeitliche Präzision in der Behandlung von Hirnerkrankungen. Es wird möglich, Symptome und Erkrankungen sowie deren Hirnnetzwerke genau dann zu therapieren, wenn dies für die aktuelle Situation der Patient*innen notwendig ist. Um dieses theoretische technische Potenzial voll auszuschöpfen, sind wir von der wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit Proband*innen und Patient*innen abhängig, um die neurowissenschaftlichen Grundlagen der Stimulationsverfahren besser zu verstehen, auch wenn nicht gleich eine klinische Verbesserung oder neue Therapie getestet wird.“

„Der Weg zum neurotechnologischen Durchbruch in Neurologie und Psychiatrie ist noch weit. Ich bin aber überzeugt, dass er kommen wird. Im Übrigen haben insbesondere invasive Hirnstimulationsverfahren schon bahnbrechende Ergebnisse geliefert. Die Behandlung des idiopathischen Parkinson-Syndroms mittels tiefer Hirnstimulation hat einen enormen Fortschritt in Therapie und Verständnis gebracht. Auch hier laufen aktuell Studien mit bidirektionalen Brain-Computer-Interfaces, die eine individualisierte Präzisionsmedizin mittels invasiver Neuromodulation ermöglichen.“

Angaben zu möglichen Interessenkonflikten

Prof. Dr. Johannes Levin: „Johannes Levin reports speaker fees from Bayer Vital, Biogen and Roche, consulting fees from Axon Neuroscience and Biogen, author fees from Thieme medical publishers and W. Kohlhammer GmbH medical publishers, non-financial support from Abbvie and compensation for duty as part-time CMO from MODAG and being beneficiary of the phantom share program of MODAG GmbH, outside the submitted work.“

Alle anderen: Keine Angaben erhalten.

Primärquelle

Grover S et al. (2022): Long-lasting, dissociable improvements in working memory and long-term memory in older adults with repetitive neuromodulation. Nature Neuroscience. DOI: 10.1038/s41593-022-01132-3.

Weiterführende Recherchequellen

Elyamany O et al. (2020): Transcranial alternating current stimulation (tACS): from basic mechanisms towards first applications in psychiatry. European Archives of Psychiatry and Clinical Neuroscience. DOI: 10.1007/s00406-020-01209-9.
Dieses Review beleuchtet die transkranielle Wechselstromstimulation (tACS) als mögliche Behandlungsmethode in der Psychiatrie.