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29.03.2017

Globaler Feinstaubtransport und die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit

Mehr als 1,1 Millionen Menschen weltweit sterben pro Jahr vorzeitig, weil sie Feinstaub PM2.5 ausgesetzt sind, der nicht aus lokalen oder regionalen Quellen stammt. Zu diesem Ergebnis kommen die Autoren einer Studie, die am 29.03.2017 in Nature publiziert wurde. Die Wissenschaftler haben berechnet, dass der Einfluss des internationalen Handels von Produkten deutlich größer ist als der des atmosphärischen Transports. Die Autoren kalkulieren dies auf der Basis von Daten aus dem Jahr 2007, aktuellere Trends sind daher nicht erfasst.

 

Übersicht

     

  • Prof. Dr. Alfred Wiedensohler, Abteilungsleiter Experimentelle Aerosol- und Wolken-Mikrophysik, Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS), Leipzig
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  • Dr. Ulrich Quaß, Institut für Energie- und Umwelttechnik e. V. (IUTA), Duisburg
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Statements

Prof. Dr. Alfred Wiedensohler

Abteilungsleiter Experimentelle Aerosol- und Wolken-Mikrophysik, Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS), Leipzig

„Ich hätten diesen Artikel nicht so in Nature erwartet, weil die Erkenntnisse wirklich nicht neu sind. Wie die Autoren schon sagen, sind die Ergebnisse sehr ähnlich zu den Arbeiten von Lelieveld et al. [1].“

„Man muss wissen, dass die Modelle verschiedene Schwierigkeiten haben: bei der trockenen und feuchten Deposition, in der Unterscheidung grober und feiner Partikel und auch durch falsche Emissionskataster.“

„Grob kann man sagen: die Partikel halten sich ein bis zwei Wochen in der unteren Atmosphäre. Schwierig zu sagen, wie lange sie dann tatsächlich unterwegs sind. Das hängt ganz entscheidend von den Wetterbedingungen ab. Kleinere Partikel sind länger unterwegs, wenn es nicht regnet, weil sie vor allem mit Niederschlägen zu Boden gehen. Größere Partikel fallen schneller zu Boden, weil sie einfach sedimentieren. Die Annahmen im Modell entscheiden in der Studie, wie lange die Partikel überleben und somit auch wie weit sie transportiert werden.“

„Die Emissions-Kataster geben an, wie viele Tonnen pro Jahr einer bestimmten Komponente emittiert werden. Über sie ist aber keinerlei Aussage möglich, wie groß die emittierten Teilchen sind. Hierzu gibt es bestenfalls gute Annahmen. Die Studie rechnet mit Zahlen aus 2007, so dass diese inzwischen auch nicht mehr aktuell sind.“

„Man kann einfach nicht sagen: PM2.5 sind pauschal gefährlich. Man muss sich auch immer genau die chemische Zusammensetzung des Feinstaubs anschauen und auch die Partikelgröße der Emissionen.“

„PM2.5 beschreibt die Gesamtmasse aller chemischen Bestandteile: anorganische Salze – nicht toxisch; semi-volatiles organische Material – überwiegend auch nicht toxisch; weil diese zu großen Teilen aus volatilen organischen Komponenten gebildet werden, die von der Vegetation emittiert werden; Ruß – Träger von toxischen Spurenstoffen, wie polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen und Schwermetallen. Dazu kommt noch eventuell aufgewirbelter Mineralstaub, wie Wüstenstaub oder Krustenmaterial – auch nicht wirklich toxisch, möglicherweise reizend. Die bloße Angabe der Masse sagt nichts über die Zusammensetzung aus. Wenn man danach differenzieren würde, wäre das schon besser.“

„Ich halte die PM2.5-Studien inzwischen für wissenschaftlich überholt, weil ein Großteil der PM2.5-Masse nicht toxisch ist. Zudem schwankt der Anteil des auch von der WHO als gefährlich eingeordneten Rußes regional sehr. In China macht das sekundäre Aerosol 90 Prozent der PM2.5-Emmissionen aus. Dort sind es hauptsächlich Salze und organische Verbindungen, die aber gesundheitsmäßig wenig bedeutsam sind. In anderen Schwellen- oder Entwicklungsländern ist der Rußanteil höher, obwohl die PM2.5-Masse geringer ist.“

Dr. Ulrich Quaß

Institut für Energie- und Umwelttechnik e. V. (IUTA), Duisburg

„Die grundsätzliche Erwartung ‚Wo viel unter schlechten Luftreinhalte-Bedingungen produziert wird, gibt es auch entsprechend schlechte Luftqualität und damit verbunden größere Gesundheitseffekte’ wird durch die gezeigten Analysen bestätigt. Im Sinne einer ‚Bewusstmachung von Kausalitäten’ ist es sicher auch sinnvoll, den Teil dieser Gesundheitseffekte zu quantifizieren, der dem Konsum von Produkten in anderen Regionen zugeschrieben werden kann. Das ist dann meines Erachtens aber eher eine politisch ausgerichtete Analyse.“

Mögliche Interessenkonflikte

Alle: Keine angegeben.

Primärquelle

Qiang Zhang et al. (2017): Transboundary health impacts of transported global air pollution and international trade. Nature. DOI: 10.1038/nature21712.

Literaturstellen, die von den Experten zitiert wurden

[1] Lelieveld, J et al. (2015): The contribution of outdoor air pollution sources to premature mortality on a global scale. Nature 525, 367–371.