Zum Hauptinhalt springen
23.06.2016

Fracking-Gesetz in zweiter und dritter Lesung im Bundestag

Am 24. Juni 2016 hat der Deutsche Bundestag in zweiter und dritter Lesung das so genannte Fracking-Gesetz beraten. Zu den wesentlichen Änderungen im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf zählt ein im Wasserhaushaltsgesetz verankertes generelles Verbot des unkonventionellen Frackings, also der Förderung von Erdgas und Erdöl in Schiefer-, Ton- oder Mergelgestein oder Kohleflözgestein bis 2021. Ausnahmen sind in dem verschärften Gesetzentwurf allein für insgesamt bundesweit vier „Erprobungsmaßnahmen" vorgesehen – zur wissenschaftlichen Untersuchung der Frage, wie sich der Technologieeinsatz auf die Umwelt, „insbesondere den Untergrund und den Wasserhaushalt", auswirkt. Zudem muss nach der veränderten Fassung nun auch die betroffene Landesregierung einer "Erprobungsmaßnahme" zustimmen.

Übersicht

     

  • Prof. Dr. Moh'd Amro, Professor für Geoströmungs-, Förder- und Speichertechnik, Technische Universität Bergakademie Freiberg, Freiberg
  •  

  • Prof. Dr. Marco Bohnhoff, Geophysiker am Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ, Potsdam
  •  

  • Dr. Martin Elsner, Chemiker am Institut für Gewässerökologie IGOE, Helmholtz Zentrum München, München
  •  

  • Prof. Dr. Frank Schilling, Professor für Technische Petrophysik, Karlsruher Institut für Technologie KIT, Karlsruhe
  •  

  • Prof. Dr. Martin Sauter, Professor für Angewandte Geologie, Universität Göttingen, Göttingen
  •  

Prof. Dr. Moh'd Amro

Professor für Geoströmungs-, Förder- und Speichertechnik, Technische Universität Bergakademie Freiberg, Freiberg

„Jede Erprobung ist wissenschaftlich sinnvoll. Zur wissenschaftlich begründeten Einschätzung der Gefahrlosigkeit des Frackings für die Umwelt können vier Versuche ausreichen, nicht aber zur Einschätzung des wirtschaftlichen Erfolges. Ich glaube, dass sich keine Unternehmen finden werden, solche Versuche zu machen, wenn nicht die Chance einer nachfolgenden wirtschaftlichen Verwertung damit verbunden ist. Zurzeit ist das deutsche Know-how im Ausland noch sehr gefragt; deshalb haben deutsche Firmen viele Aufträge dort. Wenn wir aber im eigenen Land solche innovativen Technologien wie zum Beispiel die Frack-Technologie nicht entwickeln dürfen, dann verlieren wir bald diesen Vorsprung. Vier Bohrungen reichen dafür sicherlich nicht aus. Fazit: Wenn nicht staatliche Mittel für die Versuche bereitgestellt werden, kommt dies einem Verzicht auf die unkonventionellen Ressourcen gleich.“

„Die Bestimmungen (für die Probebohrungen, Anm. d. Red.) sind so geartet, dass Gefährdungen ausgeschlossen werden können. Menschliches Versagen oder bewusstes Umgehen der Bestimmungen können immer wieder Gefährdungen hervorrufen. Dies trifft aber auf alle Technologien zu.“

„Die Auflage (für konventionelles Fracking, Anm. d. Red.) ist insofern verschärft, als auch Gebiete, in denen Oberflächengewässer ihr Wasser in Talsperren oder Seen abführen, die ‚unmittelbar’ – was das auch immer bedeuten mag – der öffentlichen Wasserversorgung dienen, von der Erkundung ausgeschlossen werden. Dieser Passus verringert die möglichen Erkundungsflächen weiter erheblich.“

„Da die weitaus größten Ressourcen in der Welt als ‚unkonventionell’ eingestuft werden müssen (Shale, Gashydrate), würde es de facto eine Abkopplung der deutschen Energiewirtschaft vom Weltmarkt bedeuten, die Erforschung nicht voranzutreiben. Die Erforschung muss auch in Deutschland geschehen, wenn deutsche Firmen damit auf dem Weltmarkt agieren wollen – darin sehe ich den energiepolitischen Sinn. Darüber hinaus würde das heimische Erdgas in schätzungsweise zehn Jahren keine Rolle mehr im Energiemix spielen. Das heißt, wir werden zu 100 Prozent von Gasimporten abhängig sein. Zurzeit sind es 90 Prozent und vor zehn Jahren waren es 80 Prozent.“

„Ich möchte den Aspekt der ‚wissenschaftlichen Innovationen’ in die Diskussion einbringen. Zurzeit untersucht die Fachwelt den Einsatz wasserloser Frackfluide ohne Chemikalienzusatz (Flüssig-Stickstoff etc.) und wasserbasierende Frackfluide, die ohne wassergefährdende Zusätze auskommen. Dies würde eine mögliche Grundwassergefährdung sehr entschärfen. Hier sollte es einen Passus geben, der solche ‚umwelt-positiven Technologien’ ausdrücklich ermuntert und in einem vereinfachten Verfahren unter wissenschaftsöffentlicher Begleitung zulässt.“

Prof. Dr. Marco Bohnhoff

Geophysiker am Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ, Potsdam

„Es ist aus Sicht der Wissenschaft auf jeden Fall zu begrüßen, dass Forschungsbohrungen geplant sind, um unkonventionelles Fracking in Deutschland zu beforschen. Dies betrifft insbesondere den Aspekt der Optimierung und Weiterentwicklung von Monitoringkonzepten im Zusammenhang mit dem Grundwasserschutz und der induzierten Seismizität. Nur auf Grundlage der Erkenntnisse aus ergebnisoffener Forschung sollten dann letztlich Entscheidungen pro oder contra unkonventionellen Frackings in Deutschland getroffen werden.“

„Die Rahmenbedingungen für entsprechende Probebohrungen sind in Deutschland zweifelsohne gegeben. Es sind ja in den vergangenen fünf Jahrzehnten etwa 300 konventionelle Frackingoperationen in Deutschland durchgeführt worden, ohne dass es zu Gefährdungen für Gewässer und Mensch gekommen ist. Die geplanten Bohrungen und anschließenden Fracking-Vorhaben zu Erprobungszwecken würden in einem Verbund der einschlägigen deutschen Forschungsinstitutionen vorbereitet, durchgeführt und schließlich wissenschaftlich begleitet und ausgewertet werden. Die Fachkompetenz, zum Beispiel eben auch zur vorschriftsgemäßen Entsorgung anfallender Bohrschlämme, ist somit gegeben. Ein im Zusammenhang mit jeder Technologie bestehendes verbleibendes Restrisiko wie zum Beispiel menschliches Versagen gilt es immer zu minimieren und ist beim Fracking nicht anders zu betrachten als bei jeder anderen Technologie.“

„Energiepolitisch macht es auf jeden Fall Sinn, die ergebnisoffene Forschung zu unkonventionellem Fracking in Deutschland zu betreiben. Dem Erdgas kommt schließlich aufgrund seines geringeren Treibhauspotenzials – etwa im Vergleich zur Kohle – eine nicht zu unterschätzende Brückenfunktion zu im Zuge des Umbaus der Strom- und Energieversorgung hin zu regenerativen Energieträgern. Zudem ist die Fracking-Technologie weltweit auch wissenschaftlich relevant. Und wenn Forschung zu diesem Thema in Deutschland nicht gefördert werden sollte, bedeutet das mittelfristig, dass Deutschland hier das vorhandene Know-how nicht ausbauen kann und so im internationalen Vergleich schrittweise den Anschluss verliert. Diese Erfahrung haben wir leider zuletzt beim Thema Kohlendioxid-Verpressung machen müssen.“

„Es kommt bei der Diskussion zum Thema Fracking zu kurz, dass wir in Deutschland – übrigens aus sehr gutem Grund – sehr hohe Umweltstandards haben. Diese gilt es zu berücksichtigen und in entsprechend optimierte Monitoringkonzepte umzusetzen, um den Einfluss auf Mensch und Umwelt zu minimieren. Ohne entsprechende Forschung zu diesem Thema wird dies nicht gelingen. Die ganze Debatte rund um das Thema sollte mit Unterstützung aller involvierten Interessenvertreter versachlicht werden.“

Dr. Martin Elsner

Chemiker am Institut für Gewässerökologie IGOE, Helmholtz Zentrum München, München

„Was mögliche Umweltauswirkungen angeht, sind aus meiner Sicht die wichtigsten Fragen:
(a) ob im Zuge der Bohrung Grundwasserverunreinigungen auftreten können,
(b) mit welchen problematischen Substanzen man dabei rechnen müsste, und
(c) wie diese Substanzen im Rückfluss- und Lagerstättenwasser entsorgt werden können.“

„Inwieweit die vorgesehenen ‚Forschungsbohrungen’ dafür sinnvoll sind: 

Bezüglich (a) könnten vier erfolgreiche (= schadensfreie) Bohrungen zwar einerseits einen 'Proof of Principle' erbringen, dass unfallfreies Fracking möglich ist. Sie können aber nicht die Statistik abbilden, wie viele Schadensfälle sich in Schnitt auf 1000 Explorationen ereignen. Erfolgt bei den vier Bohrungen schon eine Grundwasserverunreinigung, könnte das die Technologie überproportional in Misskredit bringen; gibt es keine Komplikationen, könnte das fälschlicherweise vermitteln, dass die Technologie zu 100 Prozent sicher ist. Von daher sind die vier Bohrungen aus meiner Sicht nur bedingt geeignet, die offene Frage (a) zu beantworten. Sinnvoller wäre hier eine statistische Auswertung aus Ländern wie den USA, wo belastbare Erhebungen über eine große Anzahl von Operationen vorliegen, oder von historischen Daten konventioneller Erkundungen in Deutschland.

Bezüglich (b) ist eine chemische Analyse des Rückflusses ('Flowback') und Lagerstättenwassers nötig. Einerseits können die vorgesehenen Bohrungen diese Proben tatsächlich liefern. Andererseits ließen sich Proben auch von anderen Standorten (zum Beispiel im Ausland) erhalten, wo Fracking bereits stattfindet, so dass die Bohrungen dafür nicht zwingend notwendig wären.

Um Punkt (c) – die Entsorgung – zu untersuchen, sind die Bohrungen ebenfalls nützlich. Auch hier ließen sich jedoch Abfallwässer anderer, bereits laufender Explorationen, zum Beispiel im Ausland, verwenden. Außerdem ist der Gesetzentwurf so abgefasst, dass das Abfallkonzept vor allem den Firmen anheimgestellt wird. Aus meiner Sicht besteht hier aktiver wissenschaftlicher Forschungsbedarf, die Entsorgung des Abfallwassers sollte von wissenschaftlicher Forschung begleitet werden.“

„Es ist zu begrüßen, dass der Gesetzentwurf nur die Verwendung von harmlosen Additiven vorsieht. Diese sind jedoch nur Teil des Problems. Im Lagerstättenwasser selbst kommen problematische Chemikalien vor (Schwermetalle, natürliche Radioaktivität), welche natürlicherweise aus dem tiefen Untergrund emporkommen. Diese sind häufig mit dem Rückfluss gemischt, so dass sich beides nicht strikt trennen lässt. Außerdem haben wir zusammen mit Wissenschaftlern aus den USA in der Analyse von Abwasserproben erst kürzlich Hinweise gefunden, dass im Untergrund neue Transformationsprodukte entstehen, so dass selbst aus harmlosen Additiven problematische Substanzen entstehen können [1].
 Um eine solche Bildung untersuchen zu können, ist eine Offenlegung der chemischen Identität aller Additive (auch der ungefährlichen) notwendig.“

„Nach meiner Lesart wird für neue Genehmigungen verpflichtend eine Umweltverträglichkeitsprüfung eingeführt und es werden bestimmte Schutzgebiete ausgenommen. Bestehende Genehmigungen sind nach meiner Lesart davon allerdings nicht betroffen.“

„Aus meiner Sicht muss das eine gesellschaftliche Entscheidung sein (welche energiepolitische Rolle unkonventionelles Fracking in Deutschland haben wird, Anm. d. Red.). Einerseits muss sich meiner Meinung nach jeder überlegen, welches Volumen an unkonventionellen Gasvorkommen tatsächlich in Deutschland vorhanden ist, und ob der mögliche Gewinn den Eingriff in die Landschaft und mögliche Umweltauswirkungen wirklich aufwiegt. Anderseits muss sich jeder Einzelne Gedanken machen, welche alternativen Energieformen zur Verfügung stehen und die Auswirkungen gegeneinander abwägen (Kohle vs. Kernenergie vs. die mögliche Kapazität von erneuerbaren Energieformen vs. die Bereitschaft, selbst Energie zu sparen und dafür bestimmte Dinge aufzugeben).“

„In die Debatte einbringen möchte ich bestimmte Begriffe, die aus meiner Sicht nicht gut definiert sind:
(a) ‚Stand der Technik’: Ist damit eine gängige Praxis in der Branche gemeint, die momentan (oder zumindest in der jüngeren Vergangenheit) aus meiner Sicht nicht optimal ist? Oder meint man hiermit ‚Best Practice’ nach dem Vorsorgeprinzip? Letzteres sollte aus meiner Sicht unbedingt der Fall sein, das ist im Entwurf aus meiner Sicht aber noch nicht genügend festgelegt.

(b) ‚Nachhaltige Veränderungen der Beschaffenheit des Grundwassers’: Je nachdem, nach welchen Substanzen man sucht, das heißt, welches die Zielsubstanzen für eine chemische Analytik sind, können solche Veränderungen detektiert werden - oder auch nicht. Der Gesetzentwurf muss klar festlegen, wie Überwachungsmessungen ausgelegt sein müssen, das heißt, dass die Analytik kontinuierlich angepasst wird und immer nach kürzlich identifizierten Substanzen gemäß neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen gesucht wird, unter Einschluss von ökotoxikologischen Tests. Die Entwicklung und ständige Optimierung solcher Monitoringkonzepte sollte im Gesetzentwurf auch klar als Forschungsbedarf festgelegt werden.

(c) Ähnlich sieht es aus meiner Sicht mit den Entsorgungskonzepten aus: Auch diese dürfen nicht allein den Firmen überlassen werden, sondern müssen Gegenstand begleitender akademischer Forschung sein.“

Prof. Dr. Frank Schilling

Professor für Technische Petrophysik, Karlsruher Institut für Technologie KIT, Karlsruhe

„Im Gesetzesentwurf werden unter dem Begriff ‚Fracking’ verschiedene Technologien subsummiert, die auf unterschiedlichen Prozessen und Mechanismen basieren und für unterschiedliche Anwendungszwecke eingesetzt werden. Es gibt ‚Fracking-Technologien’, die im Bohrlochbergbau aus meiner Sicht unverzichtbar sind, um eine ausreichende Sicherheit zu gewährleisten. Diese werden – soweit ich als Geowissenschaftler diesen Gesetzesentwurf verstehe – auch in Zukunft möglich sein; und das ist gut so.“

„Im Gesetzentwurf ist detailliert dargestellt, welche Randbedingungen bei einem Fracking-Vorhaben zu berücksichtigen sind. Diese entsprechen im Wesentlichen Prüfungskriterien, welche die Bergbehörden in der Vergangenheit ihren Zulassungen bei Tiefbohrvorhaben zugrunde gelegt haben; es werden jedoch auch weitere Prüfungskriterien bei Tiefbohrvorhaben zugrunde gelegt. Auch werden aktuelle nationale und europäische Rahmenbedingungen aufgegriffen – die auch unabhängig vom vorliegenden Gesetzentwurf – beim Zulassungsverfahren bereits heute betrachtet werden.“

„Ein aus meiner Sicht sehr interessanter Aspekt der öffentlichen Debatte zu Fracking-Technologien ist eine durch die Interaktion mit der Bevölkerung in Deutschland entstandene Weiterentwicklung der Fracking-Technologie: Es wurden wesentlich umweltverträglichere Fracking-Fluide entwickelt, die nun eingesetzt werden können und dadurch die Risiken minimieren können.“

„Aus wissenschaftlich-technischer Sicht kann man bereits heute hinreichend die Risiken von Fracking-Vorhaben auch in Deutschland abschätzen – die Technologie, Geologie und Verfahrensweisen machen an Ländergrenzen keinen Halt. So kann man auch in Deutschland auf nationales und internationales Know-how zurückgreifen. Für die Sicherheit von Vorhaben scheint eine wissenschaftliche Begleitung nicht notwendig, da nach meinem Verständnis des aktuellen Rechts bereits heute nur solche Vorhaben zugelassen werden dürfen, welche ausreichend Sicherheitsreserven beinhalten, um Gefährdungen für unsere Trinkwasserversorgung bzw. eine Schädigung anderer Schutzgüter zu vermeiden.“

„Die geplante wissenschaftliche Begleitung scheint dennoch aus verschiedener Sicht sinnvoll:
- Technologieentwicklung,
- unabhängige Überwachung,
- mehr Transparenz (in Deutschland sind – im Gegensatz zu fast allen anderen Ländern der Erde – die von den Firmen gewonnenen Informationen nicht frei zugänglich). Sicherheit durch mehr Transparenz ist ein aus wissenschaftlich-technischer Sicht zu begrüßender Schritt.
- Untersuchung der Gewinnungs-Potenziale, für die in Deutschland vorkommenden Gesteinsschichten,
- Aufbau einer ausreichenden nationalen Kompetenz, um solche Vorhaben auch unabhängig überwachen und einschätzen zu können.“

„Die Festlegung auf vier Bohrvorhaben pro Jahr beruht wohl weniger auf einer rein technisch-wissenschaftlichen Bewertung, sondern bringt eher den durch einen intensiven politischen Prozess gebildeten Willen der von uns legitimierten Volksvertreter zum Ausdruck. Nach meinem Verständnis ist der Gesetzentwurf so gestaltet, dass die in Deutschland in großen Tiefen liegenden größeren Erdgaslagerstätten weiter mit erprobter Technologie genutzt werden können. Dasselbe gilt für Vorhaben im Bereich der tiefen Geothermie. Gleichzeitig ist der Wunsch im Gesetzentwurf zu erkennen, erst weitere Erfahrungen sammeln zu wollen, bevor man in großem Stil die Fracking-Technologie für die Schiefergasgewinnung zulässt oder auch nicht zulässt.“

Prof. Dr. Martin Sauter

Professor für Angewandte Geologie, Universität Göttingen, Göttingen

„Offene Fragen für die Forschung sind zum Beispiel die Prozesskopplung zwischen Fluidströmung und der Entstehung von Rissnetzwerken, das geomechanische und hydraulische Verhalten von Störungszonen und unterschiedlichen Gesteinsmaterialien unter unterschiedlichen Spannungsverhältnissen, die Untersuchung der Bindungsformen und die Freisetzungsmechanismen von Erdgas aus einer Lagerstätte, das Verhalten der Additive unter den hohen Drucken und Temperaturen der Georeservoire. Viele Fragestellungen können in entsprechenden kleinskaligen Laborversuchen bearbeitet werden. Laborversuche können jedoch nicht großskalige Feldversuche im Reservoir ersetzen, da sich die Gesteinsmaterialien im großen Maßstab anders verhalten. Ferner handelt es sich bei Georeservoiren (Lagerstätten, tiefe geologische Speicher) um natürliche Systeme, die in ihren Eigenschaften stark variieren. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, weshalb im Zusammenhang mit der Forschung zum Thema ‚Hydraulic Fracturing’ die Erkundung auf vier Bohrungen beschränkt wird. Eine Bohrung ist wie eine Punktmessung. Eher sollten vier Materialtypen definiert werden, in denen die Forschung betrieben wird. Schließlich wird nicht klar, wie die ursprünglich definierten 3000 Meter Minimaltiefe für Fracking-Maßnahmen wissenschaftlich begründet sind.“

„Inwieweit es energiepolitisch Sinn ergibt, diese Forschung zu betreiben, kann ich selbst nicht beantworten. Wichtig ist etwas anderes im Zusammenhang mit der Forschung: Fracking ist eine Methode, die in der Erkundung und Charakterisierung von geologischen Systemen und Materialien von großer Bedeutung ist, um den Zustand des Systems und die Materialeigenschaften zu beschreiben.“

„Das sogenannte ‚unkonventionelle Fracking’ beschreibt Frack-Operationen in dichten Tonsteinmaterialien. Diese Materialien sind nicht nur von Bedeutung als Erdgaslagerstätte, sondern auch als Barriere-Gestein in Energiespeichern, konventionellen Lagerstätten und auch als potentielles Wirtsgestein für Endlager. Die Tongesteine sind in den verschiedenen Umgebungen starken Spannungen, hohen Temperaturen und bei der Nutzung durch den Menschen starken Änderungen in den Umweltbedingungen ausgesetzt. Allein schon aus diesen Gründen der Sicherheit ist es notwendig, die Forschung in diesem Bereich voranzutreiben, unabhängig davon, ob mit der Methode Schiefergas gefördert werden kann.“

„Der Begriff ‚unkonventionelles Fracking’ ist im Übrigen unglücklich gewählt. Fracking ist eine Methode/ Technologie, die in unterschiedlichen Materialien und unter unterschiedlichen Bedingungen eingesetzt werden kann. Bei der Entwicklung von unterschiedlichen Lagerstättentypen ist es angebracht, je nach technischem/ finanziellem Aufwand, von konventionellen oder unkonventionellen Lagerstätten zu sprechen.“

„Es ist eine Sache, ob es politisch gewollt ist oder nicht, unkonventionelle Erdgaslagerstätten, wie z. B. Schiefergaslagerstätten, zu entwickeln. Hydraulic Fracturing ist jedoch eine klassische wissenschaftliche Methode zur Quantifizierung der Spannungsverteilung im Untergrund und zur Untersuchung der Genese und Mechanik von Erdbeben. Die Methode erlaubt die Abschätzung der Dichtigkeit von Barrieregesteinen unter verschiedenen Bedingungen und die Entwicklung von Geothermalreservoiren, einer erneuerbaren Energiequelle, um nur wenige Beispiele zu nennen. Die langjährige Diskussion nimmt der Wissenschaft eine wichtige Methode und beschneidet somit unnötigerweise das für die Untersuchung der oben genannten Themen notwendige Handwerkszeug.“

Mögliche Interessenkonflikte

Alle: Keine angegeben.

Literaturstellen, die von den Experten zitiert wurden

[1] Hoelzer, K. et al. (2016): Indications of Transformation Products from Hydraulic Fracturing Additives in Shale Gas Wastewater. Environmental Science & Technology. DOI: 10.1021/acs.est.6b00430